Kultur Erfolgsgeschichte im Staatenhaus
Köln · „Jeder Intendant kann sich glücklich schätzen, ein so gut bestelltes Haus zu übernehmen“, sagt Birgit Meyer, die mit dem Ende der laufenden Spielzeit die Kölner Oper als Intendantin verlässt und diese an ihren Nachfolger Hein Mulders übergibt.
Dabei war die Lage im Sommer 2012, als Meyer ihre Arbeit am Opernhaus begann, alles andere als gut. „Die Situation war finanziell und personell angespannt. Es gab viele Unwägbarkeiten. Wir mussten das angestammte Haus am Offenbachplatz verlassen und den Musical Dome und das Palladium sowie weitere Interimsspielstätten für uns spielbar machen“, erinnert sich Meyer an die Anfänge ihrer Intendanz in Köln.
Nach drei Jahren wollte man zurück an den Offenbach ins neu gestaltete Quartier in der City. Doch wegen massiver Probleme und Verzögerungen beim Umbau war dies unmöglich geworden. „Wir standen 2015 auf der Straße und hatten als Oper keinen Ort mehr. Dann kam der Beschluss, das Interim im Staatenhaus in Deutz zu realisieren. Dort gab es nur 16.000 leere Quadratmeter. Nur dank des großen Teamgeistes haben wir es in kürzester Zeit geschafft, diese Herausforderung zu bewältigen. Das war fast schon ein Wunder“, sagt Meyer im Rückblick.
Das Staatenhaus als
offener und lebendiger Ort
Das Staatenhaus wurde ähnlich wie das Depot des Schauspiels in Mülheim zu einer echten Erfolgsgeschichte. „Kurz vor dem Beginn der Pandemie hatten wir 2020 eine Auslastung von 92 Prozent. Dies haben wir in den vergangenen Wochen mit ‚Carmen‘ und dem ‚Barbier von Sevilla‘ wieder geschafft. Dabei lag der Anteil von Schülern und Studenten bei über 30 Prozent. Junge Leute hatten wir während der gesamten Zeit im Staatenhaus immer im Publikum.“
In der jetzt auslaufenden Spielzeit gab es nur vier Veranstaltungsausfälle bei insgesamt 200 Vorstellungen. „Jetzt übergebe ich ein gut aufgestelltes Haus mit ausgeglichenen Zahlen, das viele Preise erhalten hat und das international bestens vernetzt ist“, freut sich die Intendantin, die nach eigenen Angaben noch keine konkreten Pläne für die Zeit nach ihrer Kölner Intendanz hat.
Zu ihren Schwerpunkten gehört die Pflege der modernen und zeitgenössischen Musik mit elf Uraufführungen, sieben deutschen Erstaufführungen und elf Kölner Erstaufführungen. Darunter waren wegweisende Inszenierungen wie Detlev Glanerts „Solaris“, Wolfgang Rihms „Die Eroberung von Mexiko“ und die spektakuläre Aufführung von „Die Soldaten“ von Bernd Alois Zimmermann.
Ebenso wichtig war es für Meyer, Frauen in Führungspositionen an der Oper mit einzubinden, wie zum Beispiel Brigitta Gillessen als Leiterin der Kinderoper. Im Ensemble habe es nur einen Sänger gegeben, mit dem der Vertrag nicht verlängert wurde. „Wir haben vielmehr unser Ensemble während meiner Intendanz vergrößert und verjüngt. Acht Sänger und Sängerinnen konnten aus unserem eigenen Opernstudio ins Ensemble übernommen werden. Dieses zusammengewachsen und verfügt über einen besonderen Ensemblegeist.“
In Köln finden sich gleich mehrere besondere Bereiche und Projekte, von denen Meyer stolz berichtet: „Die Kinderoper zählt mit ihrem eigenen Repertoire seit 26 Jahren zu den Alleinstellungsmerkmalen der Kölner Oper. Zu den Höhepunkten gehört hier der ‚Ring für Jung und Alt‘, der als Gastspiel auch in Südkorea zu erleben war. Bemerkenswert ist, dass die Kinderoper generationsübergreifend funktioniert – von fünf bis 85 Jahren.“
„Der Dialog mit dem
Publikum darf nicht abreißen“
Eng damit verbunden ist das Projekt „Oper für Jung und Alt“, das Demenzkranken den barrierefreien Zugang zur klassischen Musik ermöglicht. „Kinder und Demenzkranke erleben die Stücke sehr ähnlich. Wichtig ist auch die Willkommenskultur, die schon beim Einlass beginnt. Teilhabe ist hier ausdrücklich erwünscht“, betont Meyer, der es wichtig ist, neue Formate passgenau für die Stadtgesellschaft zu entwickeln. „Das Potenzial ist hier noch lange nicht ausgeschöpft.“
Das Staatenhaus mit seiner offen gestalteten Architektur sieht Meyer noch immer als großes Geschenk und als große Chance. „Wir haben uns hier unserem Publikum und der Stadtgesellschaft gegenüber geöffnet. Schwellenängste konnten abgebaut werden und es gab eine große Lebendigkeit sowie einen intensiven Dialog mit dem Publikum. Dinge, die auch nach der Rückkehr an den Offenbachplatz auf keinen Fall abreißen sollten. Im Staatenhaus gibt es zwischen dem Publikum und dem Backstagebereich keinen eisernen Vorhang, wie in anderen Häusern. Jeder, Besucher, Musiker und Sänger, kommen durch das Foyer zu Bühne. Da hat es viele spannende Begegnungen und Gespräche gegeben. Das macht auch die Anziehungskraft hier im Staatenhaus aus.“