Wie haben Sie das Kochen für sich entdeckt?
Genuss „Koch zu sein, ist für mich noch immer der schönste Beruf der Welt“
Köln · Bereits mit 21 Jahren hat Maximilian Lorenz sein erstes eigenes Restaurant eröffnet. Mit 25 war er der jüngste deutsche Sternekoch. Heute betreibt der gebürtige Bergisch Gladbacher an der Johannisstraße in Köln seine Restaurants und seinen Weinladen.
Bei den Fine Food Days lädt er seine Gäste Ende August zu einem kölschen Menü ins Stadion nach Müngersdorf ein.
Maximilian Lorenz: Da war ich gerade mal elf Jahre alt. Meine Eltern hatten ihre Unternehmen, für die sie sechs Tage in der Woche voll im Einsatz waren. An fünf Tagen hatten wir eine Haushaltshilfe, die auch für mich gekocht hat. Am sechsten Tag konnte ich mich entscheiden, Reste zu essen oder mir selbst etwas zuzubereiten. Mein erstes Rezept habe ich beim „Tigerentenclub“ im Fernsehen für mich entdeckt - eine Wurst im Schlafrock. Ich bin direkt nach der Sendung mit dem Rad zum Supermarkt gefahren und habe mir die Zutaten besorgt. So habe ich die Lust am Kochen für mich entdeckt und bin später selbst Koch geworden. Für mich ist das auch nach 22 Jahren noch der schönste Beruf der Welt.
Gab es damals schon Vorbilder?
Lorenz: Meine Eltern haben meine Leidenschaft fürs Kochen bemerkt und ihre Kontakte zum Schloss Lerbach und zu Dieter Müller genutzt, um mir als Kind ein besonderes Geschenk zu machen. Ich durfte dort einen Tag in der Küche hospitieren. Danach habe ich noch häufig in den Schulferien ausgeholfen. In dieser Drei-Sterne-Küche habe ich gelernt, dass Disziplin und Passion einem Konsens bilden können und dass immer das gesamte Team für den Erfolg entscheidend ist und jeder vom Spüler bis zum Küchenchef seinen Beitrag dazu leistet. Insofern waren Dieter Müller und Nils Henkel wichtige Vorbilder für mich.
Dann kam die Ausbildung und mit 21 Jahren das erste eigene Restaurant.
Lorenz: Meine Ausbildung als Koch habe ich mit 16 Jahren beim Hotel-Restaurant „Zur Post“ in Odenthal begonnen, wo ich dann mit 19 Jahren stellvertretender Küchenchef wurde. Mit 21 konnte ich in Köln die Räumlichkeiten des „L’escalier“ an der Brüsseler Straße übernehmen. Ich bin bei null gestartet und habe mir eine kleine, junge Mannschaft zusammengestellt. Mit diesem Team, das weitestgehend keine Erfahrung in der Sternegastronomie hatte, habe ich mir mit 25 Jahren meinen ersten Stern erarbeitet. Damals war ich der jüngste Sternekoch in Deutschland. 2018 kam dann die Eröffnung am heutigen Standort. Dort konnte ich meine Arbeit als Koch mit meiner großen Leidenschaft für Wein optimal verbinden. Neben dem Restaurant, das meinen Namen trägt, gibt es gleich nebenan das „weinlokal heinzherrmann“, benannt nach meinen beiden Großvätern Heinz und Herrmann und die ML Straßenküche. Schräg gegenüber haben wir noch unseren Weinladen und direkt daneben unser Kochatelier, in dem wir Kochkurse anbieten können, wo aber auch kleine Veranstaltungen in privater Atmosphäre möglich sind. Es gibt eine zentrale Küche, die alle Lokale versorgt. Hier im Restaurant gibt es neue deutsche Küche, im Weinlokal wird mediterrane Küche angeboten und in der Straßenküche asiatische Gerichte, die man mittags vor Ort genießen oder auch ins Büro mitnehmen kann. Zuvor gab es in diesen Räumen unser Pig Bull BBQ.
Wie ist die Idee zur Straßenküche entstanden?
Lorenz: Das war purer Egoismus. Als Koch habe ich lange einen nicht gerade gesunden Lebensstil gepflegt. Das hat sich geändert, als ich meinen heutigen Athletiktrainer kennengelernt habe. Ich habe mit dem Training begonnen und erkannt, dass man mit Genuss essen kann, ohne ungesund zu leben. So ist auch das Konzept für das Mittagsangebot in unserer Straßenküche entstanden. Dafür war die asiatische Küche optimal geeignet, da sie höchst aromatisch ist, ohne dabei auf Fette oder Zucker zu setzen. So gibt es dort zum Beispiel saisonale Bowls, einen Spicy-Melonensalat oder Sushi-Platten. Das ist Essen, das für den Geist wie für den Körper gleichermaßen gesund ist.
Der „Alte Lindenhof“ in ihrer Geburtsstadt Bergisch Gladbach gehört auch zu Ihrem Unternehmen.
Lorenz: Das war ein Herzensprojekt meines Vaters. Er wollte diese Gastwirtschaft unbedingt erhalten. Für dieses Traditionsgasthaus mit einer wunderschönen Außengastronomie drohte der Abriss. Daher hat mein Vater den „Alten Lindenhof“ gekauft. Es war aber schwierig, dafür einen Pächter zu finden, und so wurde ich gefragt, ob ich mich nicht daran beteiligen möchte. Und heute ist daraus ein ehrliches und gutes Gasthaus entstanden. Immer zum Jahresbeginn wird über die Manfred-Lorenz-Stiftung, die wir nach dem Tod meines Vaters zu seiner Ehrung und seinem Gedenken gegründet hatten, ein Essen für Obdachlose aus der Stadt veranstaltet. Auch das war ein Herzensprojekt meines Vaters.
Im vergangenen Jahr waren Sie auch erstmals auf dem Weihnachtsmarkt präsent.
Lorenz: Das war für uns eine gewisse Herausforderung, die sich aber gelohnt hat. Wir wollten auf dem Neumarkt sieben Tage in der Woche eine nahbare Küche bieten, die aber auch einen gewissen Kniff hat und die biozertifizierte Produkte verwendet. Das ist uns gelungen und wir werden in diesem Jahr mit einem neuen Stand auf den Markt zurückkehren. Für unser Restaurant hier war das eine sehr gute Werbung, die uns viele neue Gäste gebracht hat.
Seit Anfang dieses Jahres setzen Sie in Ihrem Restaurant ein neues besonders nachhaltiges Konzept um.
Lorenz: Mir war es wichtig, in meiner Küche von der Wegwerfgesellschaft wegzukommen und Nachhaltigkeit als Sternerestaurant wirklich zu leben. Es geht überhaupt nicht, dass wir in der Küche Lebensmittel, die nicht benötigt werden, wegwerfen, und ein paar Straßen weiter stehen Leute bei der Tafel für Essen an. Deshalb verwenden wir bei unseren Menüs das gesamte Tier und nicht nur die Filetstücke. Mein Team war zu Beginn skeptisch, ob sich das auch umsetzen lässt. Denn das ganze Tier zu verwenden ist für uns Köche eine echte Herausforderung und erfordert viel Kreativität bei der Umsetzung. Da muss man auch bereit sein, ganz neue Techniken einzusetzen. So stellen wir jetzt unsere eigene Wurst her, machen Schinken oder bereiten Sülze zu. Sorgen gab es auch, dass bei einer einzigen Art Tier alle Gänge gleich schmecken könnten. Dazu fiel mir der Schnittchenteller meiner Mutter ein. Da gab es ganz verschiedene Geschmacksrichtungen, obwohl alles vom Schwein war. Man braucht da einfach viel Kreativität, um so ein abwechslungsreiches Menü zusammenzustellen.
Wie sieht das ganz praktisch aus?
Lorenz: Bei unserem aktuellen Sechs-Gänge-Menü bieten wir Eifeler Prachthahn und Zander an. Als Vorspeise gibt es das Filet vom Zander, das in Nussbutter gar gezogen wird. Dann folgt das sehr knusprige gegrillte Mittelstück vom Zander. An den Fischköpfen bereiten wir eine kräftige Soße zu und aus der Mittelgräte, den Bauchlappen und den Flossen entsteht eine luftig leichte Weinsauce. Als dritter Gang folgen Teigtaschen von Zander-DNA mit einer Grillprachthahn-Buttersauce. Danach gibt es die Brust vom Eifeler Prachthahn, gefolgt von den gefüllten Keulen mit einer Wurst, die wir aus der Leber, dem Magen und dem Blut des Hahns zubereiten. Wichtig ist es uns dabei, nicht die Gäste mit Ungewohnten zu schocken, sondern ihnen Spaß beim Essen zu bereiten. Ähnlich gehen wir übrigens auch beim vegetarischen Menü vor, wo zum Beispiel nicht nur die reifen Tomaten, sondern auch die Pflanze, ihre Wurzeln und heruntergefallene Früchte verarbeitet werden.
Bei den Fine Food Days gibt es Ende August im Stadion ein kölsches Menü.
Lorenz: Der FC und sein Stadion sind in Köln Institutionen, die die Menschen in der Stadt stolz machen und die Emotion pur sind. Es gibt nichts Großartigeres, als zu erleben, wie 48.000 Menschen bei einem Heimspiel glücklich und begeistert gemeinsam singen. Wir verbinden beim Menü einen außergewöhnlichen Ort, nämlich das Rheinenergie-Stadion, mit moderner, kölscher Küche. Gegessen wird auf der freien Fläche unweit des Fanshops mit Blick in das Stadion. Dort wird es auch eine exklusive Führung geben. Diesen Ort so bei Sonnenuntergang zu erleben, wird ein außergewöhnliches Erlebnis. Und einen tollen Überraschungsgast wird es auch geben. Aber dazu nicht mehr, es soll ja eine Überraschung bleiben.
Welche Beziehung haben Sie zur kölschen Küche?
Lorenz: Ich liebe Rheinischen Sauerbraten und den Halven Hahn gibt es bei uns im Sternerestaurant schon immer als optionalen, zusätzlichen Gang am Ende des Menüs, natürlich neu und raffiniert interpretiert. Das Kölsch ist in Köln schon fast ein Grundnahrungsmittel und war auch bereits schon einmal in einer überraschenden und kulinarisch witzigen Form Bestandteil unseres Menüs. Dasselbe gilt für „Himmel un Äd“.