Kunst Künstlerin blickt auf Geister bei der Arbeit

Köln · Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz (KI) als hochmoderne Technik auf analoge Fotografien trifft. Diese Frage hat sich die Frankfurter Künstlerin Lilly Lulay gestellt. Für ihre Ausstellung „Ghost@Work“ im Vorjahr in der Kölner Handwerkskammer hat sie kommerziell ausgerichtete KI mit für sie unbekannten Bildern aus vordigitalen Zeiten des Kölner Fotografen Karl-Heinz Hatlé konfrontiert.

Zwei Arbeiten der Künstlerin Lilly Lulay gehören jetzt zum Bestand des Historischen Archivs.

Foto: step/Eppinger

„Die KI braucht lange Zeit und auch den Menschen, um zu lernen und um Informationen zu sammeln. Die Menschen, die die KI so trainieren, nennt man auch ‚Geistermenschen‘. Dabei bekommt diese Technik, die ihr Wissen vor allem aus dem Internet rekrutiert, mit analogen Bildern ihre Probleme. Ich habe mich gefragt, was KI in den Bildern erkennt und was nicht“, berichtet Lulay.

Analoge Reisebilder treffen
auf Künstliche Intelligenz

Seine Bilder hat Hatlé (1922-2015) vor allem bei seinen ausgedehnten Reisen in Europa, Nordafrika, Südamerika und Asien aufgenommen. Mit den farbigen 3D-Fotografien wollte der Kölner den Menschen die Welt näherbringen. Dabei bildete auch die ersten Zeichen einer globalisierten Warenwelt ab. Sein Archiv mit mehr als 13.500 Aufnahmen übergab er 2008 in der Form von Colordias und Farbnegativen dem Rheinischen Bildarchiv, zu dessen Bestand rund 5,5 Millionen Fotografien gehören.

Für die Künstlerin war es interessant, wie Bilder, wie die Reisefotografien von Hatlé, einerseits in einem klassischen Archiv erfasst werden und wie diese durch KI analysiert und kategorisiert werden. Dabei fällt ihr Blick auch auf private Bildarchive im Netz, die über Smartphones, Laptops & Co. bei Social-Media-Accounts wie Instagram und Facebook oder Online-Archiven wie Google in großem Umfang tagtäglich gesammelt werden.

„In der Regel blickt KI auf kommerzielle Dinge wie Kleidung oder Wohnaccessoires und übersieht so vieles, was jedes kleine Kind sofort auf den Aufnahmen erfassen würde“, erklärt Lulay. Dabei erkennt die Künstlerin, dass das automatisierte Erkennen und Hierarchisieren von Inhalten nach kommerziellen Kriterien schon längst Teil der fotografischen Kultur geworden ist. Was KI sieht bzw. nicht sieht, macht Lulay zum Gegenstand ihrer Arbeiten auf transparentem Tuch oder auf und mit Holz.

Interessant sind für Lulay auch die Metadaten und Texte bei einem Foto. Hier zeigt sich, dass es bei der KI darauf ankommt, möglichst schnell, möglichst viele Daten zu erheben und diese nach dem Kundennutzen auszurichten. Dagegen brauchen die menschlichen „Geister“ im Archiv deutlich länger für ihre Arbeit, da sie dafür deutlich intensiver recherchieren müssen. So lässt sich deren Arbeit auch durch eine intelligente Rechenmaschine wie KI nicht so leicht ersetzen.

Die beiden Werke „Fotograf, Türkei“ aus der Serie „Ghost@Work, Framing Your View“ und „Toba Selection“ aus der Serie „Ghost@Work, Decrypting Images_Text as Key“ entstanden im Rahmen des Programms „Artist meets Archive“ der Internationen Photoszene Köln. Angekauft wurden sie für 16.000 Euro dank der Finanzierung durch den Förderverein Freunde des Historischen Archivs. „Der Ankauf der beiden Arbeiten ist unser ‚Taufgeschenk‘ für die neue Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Bildarchiv, das wir auch weitere fördern werden“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Burkhard von der Mühlen.