Kunst Neue Kunst aus alten, gebrauchten Gegenständen
Köln · Wie Ausgrabungen wirken Arbeiten der Künstlerin Filiz Özçelik auf dem Boden der Artothek, wenn man diese von oben auf der Empore betrachtet. Unten aus der Nähe kann sich in den unzähligen Details der Werke verlieren und so tief in die Kunstwelt der Düsseldorferin eintauchen.
„Jedes noch so kleines Detail ist mir wichtig, würde es fehlen wäre das Werk unvollständig“, sagt Özçelik, die jede ihrer Arbeit nach der Fertigstellung fotografiert, um sie so an einem anderen Ort fast wie bei einem Puzzle genauso wieder aufbauen zu können.
Die meisten der Gegenstände, die die Künstlerin in ihren Arbeiten verwendet, sind Teile von gebrauchten Dingen, die sie auf Baustellen oder auch auf Flohmärkten findet. Dazu gehören alte Kacheln genauso wie Scherben, Plastikteile oder Murmeln. Fehlt Özçelik eine Form, um ihr Werk zu vollenden, formt sie diese aus lufttrocknendem Ton und fügt dann das kleine Detail in das große Ganze ein.
„Ich bin da sehr präzise und detailverliebt. Auch bei den Gemälden auf der Empore habe ich darauf geachtet, dass sie zusammengehören und mit den Arbeiten am Boden und an der Wand unten im Hauptraum korrespondieren. Da gehört alles zusammen und nichts darf fehlen. So entsteht eine in sich geschlossene Arbeit“, sagt Özçelik, die dem jetzt in der Artothek zu sehenden Werk den Titel “the engineers came in” gegeben hat.
Aus alten Dingen entstehen Collagen und Arrangements
Dieser bezieht sich auf eine Zeile aus einem Gedicht des türkisch-kurdischen Dichters Cemal Süreya: „the engineers came; they even draw the picture of the cat with a ruler“ (deutsch: die Ingenieure kamen; sie zeichneten sogar das Bild der Katze mit einem Lineal). Özçelik nimmt diese Beschreibung eines absurd technokratischen Umgangs mit der Welt als Motivation und Motor für ihren aktuellen Schaffensprozess.
Sie sucht in ihren Arbeiten nach einer Bildlogik, die an die poetischen Sprachbilder anknüpft und wie diese in einem ständigen Prozess des sich Bildens und wieder Zerfallens zu einer Form findet. So wie das Wort „ruler“ im Deutschen „Lineal“ oder „Herrscher“ bedeuten kann, so legt die Künstlerin eine Ordnung über ihre Arbeiten, aus der sich beim Lesen ein Rhythmus zum Werk entwickelt. Dieser Rhythmus findet sich auch in den Gedichten wieder, die ihr als Inspirationsquelle und Bezugswelt dienen.
Bei ihrem Weg zur Grafikdesignerin in ihrer Geburtsstadt Bielefeld entdeckte die Künstlerin die Druckgrafik für sich. Dabei nutzte sie aber nicht klassisch Linoleum als mit Bildelementen versehene Druckplatten, sondern brach industrielles Material für Fußböden auseinander und schuf daraus neue Arrangements und Collagen, in denen das Linoleum zum Teil des Kunstwerks wurde.
Bei ihrem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, das sie als Meisterschülerin von Tomma Abts abschloss, verfolgte sie das Thema weiter und verwendete zum Beispiel Linoleumbruchstücke, als in der Bibliothek der Fußboden ausgetauscht wurde. Dabei erwecken auch Spuren wie Kratzer oder die Abdrücke von Möbeln ihr künstlerisches Interesse.
Ihre Collagen aus den verschiedenen gefundenen Materialien entstehen auf dem Boden im Atelier und werden später an der Wand oder wieder am Boden präsentiert. Özçelik nutzt bei ihren Arbeiten Farben für Linoleumdrucke, die sie in der Regel mit einer Walze aufträgt. Ihre Werke haben meist eine gedämpfte Farbigkeit, die diese wie Druckstöcke wirken lässt. Zugleich verleiht die farbige Fassung der angeordneten Einzelteile dem Werk eine verbindende Komponente.
Service: Artothek Köln, Am Hof 50, Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 13 bis 19, samstags 13 bis 16 Uhr.