Kultur „Seit dem März 2020 gibt es für uns ein andauerendes Abwarten“

Wie erleben Sie gerade die Situation im zweiten Lockdown?

Oliver Durek ist gemeinsam mit René Heinersdforff der Chef im Theater am Dom.

Foto: Theater/TaD

Oliver Durek: Für uns ist das seit dem März 2020 ein andauerndes Abwarten mit Entscheidungen, die meistens im 14-Tage-Takt fallen und die längerfristiges Planen nahezu unmöglich machen. Im September und Oktober ist es für uns gerade wieder losgegangen und die Menschen haben begonnen, Vertrauen zu fassen. Dann war Ende Oktober alles vorbei, weil der zweite Lockdown begonnen hatte. Für uns ist es besser, wenn früh langfristige Entscheidungen fallen, auch wenn diese eine weitere Schließung bedeuten. Ich hätte mir gewünscht, dass man direkt im November einen kompletten Lockdown streng durchgezogen hätte, dann würden wir jetzt vielleicht schon besser dastehen. Wir stehen auch immer im Kontakt mit den Kollegen in anderen Städten. René Heinersdorff macht sein Theater an der Kö zum Beispiel erst Mitte April wieder auf. Das geht bei uns nicht so einfach, da wir Abonnenten haben, die darauf warten, dass es wieder losgeht. Daher warten wir ebenfalls ab und versuchen, so gut wie möglich die Kosten herunterzufahren. Im Prinzip könnten wir durch die Abonnenten mit kurzem Vorlauf direkt wieder starten. Aber man weiß ja nicht, wann und unter welchen Bedingungen das der Fall sein wird. Da hängen wir komplett in der Luft. 

Wie sieht aktuell Ihr Berufsalltag aus?

Durek: Das Theater läuft weiter, auch wenn viel aus dem Homeoffice möglich ist. Der Betrieb ist aktuell heruntergefahren worden und alle Mitarbeiter sowie die Schauspieler, die einen Vertrag bei uns haben, sind in Kurzarbeit. Ich muss mich darum kümmern, wie es weitergeht, Kurzarbeit beantragen, Anfragen von Abonnenten beantworten, Förderanträge stellen und weiter für das Theater planen. So gibt immer es immer viel zu tun. 

Wie reagieren die Abonnenten?

Durek: Die Reaktionen sind absolut positiv. Die Menschen sind geduldig und haben Verständnis für die Situation, in der wir uns jetzt befinden. Sie warten mit uns ab und hoffen, dass es wieder losgeht. Als wir im September und Oktober offen hatten, mussten wir ständig umplanen, da es für die Abstände, Masken und Besucherzahlen immer wieder neue Vorgaben gab. Wir mussten so häufig neue Saalpläne entwerfen. Schwierig wurde die Situation, in der man uns weiter die Öffnung erlaubt hatte, aber dem Publikum vermittelt wurde, dass es besser zu Hause bleiben soll. Schwierig war außerdem, dass wir von unseren 420 Plätzen maximal 150 Plätze belegen konnten. Da konnten wir gerade so die Abonnenten unterbringen. 

Wie haben Sie die Hygieneregeln umgesetzt?

Durek: Wir haben alle Auflagen im Theater umgesetzt. Die Klimaanlage bringt nach der Umstellung 100 Prozent Außenluft ins Theater und tauscht regelmäßig die Raumluft aus. Das ist aber auch in normalen Zeiten für uns wichtig. Wir hatten separaten Laufwege für den Ein- und Ausgang, Spender mit Desinfektionsmittel und eine Nachverfolgbarkeit der Besucher mit fest zugewiesenen Plätzen im Saal. Auf die Pause und Getränke haben wir komplett verzichtet. So konnten wir die Gefahren für Besucher und Mitarbeiter gut abwenden. Nach wie vor gibt es keinen bekannten Fall, bei dem sich Besucher bei einem Theaterbesuch infiziert haben. 

Was halten Sie davon, nur Geimpfte ins Theater zu lassen?

Durek: Das würde ziemlich schwierig werden und kann, wenn überhaupt, erst ein Thema sein, wenn die Masse an Geimpften entsprechend groß ist. Es geht auch darum, ob Geimpfte noch infektiös sind, denn es sind Mitarbeiter im Theater, die eventuell noch nicht mit dem Impfen dran waren. Es gibt außerdem Menschen, die sich wegen einer Vorerkrankung nicht impfen lassen sollten. Was machen wir mit denen? Und wie gehen wir mit Abonnenten ohne Impfung um? 

Wie schwer ist es, in dieser Zeit etwas für das Theater zu planen?

Durek: Die aktuelle Spielzeit ist bis zum 10. Juli durchgeplant, aber alles hat sich immer wieder verschoben. Das erste Stück konnten wir fast durchspielen, das zweite ist geplant, musste aber wegen des Lockdowns ausfallen, das dritte steht noch unproduziert in den Startlöchern. Wenn wir wieder spielen können, müssen wir uns wohl zwischen diesen beiden Stücken entscheiden, da wir für jede Produktion mindestens elf Wochen Spielzeit benötigen. Das hängt aber auch davon ab, wann es wieder für uns losgeht. Es geht dann außerdem darum, unter welchen Bedingungen wir spielen können. Die müssen zumindest so sein, dass wir die dann wieder anfallenden Kosten refinanzieren können. Eventuell könnten wir hier auch mit öffentlichen Fördermitteln einen Ausgleich schaffen. Aber aktuell ist hier alles noch offen. 

Inwieweit hat die Unterstützung von Bund, Land und Stadt geholfen?

Durek: Wir haben die angebotenen Möglichkeiten genutzt, sonst wäre bei uns schon längst das Licht ausgegangen. Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Wir haben nach wie vor fixe Kosten wie zum Beispiel Miete oder Strom. Was ich mich auch frage, ist, wie sieht die Situation im Herbst aus, wenn wir wieder öffnen können, aber die Menschen immer noch zurückhaltend sind. 

Wie geht es den Schauspielern im Lockdown?

Durek: Die Schauspieler, die noch Verträge bei uns haben, bekommen für die Laufzeit Kurzarbeitergeld. Doch für viele gibt es im Anschluss keinen neuen Vertrag, da hier viele Theater sehr zurückhaltend sind und auch nicht jedes Theater kann es sich leisten, Kurzarbeitergeld zu zahlen, da die Zahlungen vorgeleistet werden müssen und das manchmal über Monate. Das setzt eine entsprechende Liquitität voraus. Es ist auch schwierig, jetzt die Spielpläne mit den Schauspielern zu koordinieren, da diese auch bei anderen Theatern Verträge haben, aber vieles verschoben und neu geplant werden muss und man nicht weiß, wann was wo laufen kann. Das wird für alle Beteiligten noch eine große Aufgabe werden. 

Was macht Ihnen derzeit Hoffnung und was Sorgen?

Durek: Hoffnung macht mir, dass wir mit fortschreitenden Impfungen zu einer gewissen Normalität kommen werden. Dann können Theater, Museen und die Gastronomie wieder regulär öffnen und Familien und Freunde könnten sich wieder treffen. Sorgen macht mir, was ist der zweiten Jahreshälfte passiert und die Unsicherheit, wie sich neue, aggressive Mutationen des Virus auswirken. Da stellt sich die Frage, ob es im Sommer und Herbst wirklich eine Entspannung geben wird.