Zeitrevue mit den Bläck Fööss in der Flora: „Usjebomb & Opjebaut“
Bläck Fööss und Gäste geben ein Konzert am 8., 9. und 10. Mai zu 70 Jahre Kriegsende in Köln.
Köln. Nahezu komplett war Köln zerstört — und wurde mit vereinten Kräften wieder aufgebaut. In keiner Stadt im deutschsprachigen Raum sind so viele Lieder über die Nachkriegszeit entstanden wie hier. Sie gehören heute zum kulturellen Erbe einer ganzen Generation, die den Zweiten Weltkrieg und den anschließenden Wiederaufbau noch hautnah miterlebt hat. Die 70. Wiederkehr des Kriegsendes nehmen die Bläck Fööss zum Anlass, tief in die Kölner Stadtgeschichte einzutauchen.
„Usjebomb & Opjebaut“ heißt es am 8., 9. und 10. Mai in der Kölner Flora — als Fortsetzung des 1995 veröffentlichten 90-minütigen WDR-Films „Ausgebombt“ zur 50. Wiederkehr und der 2005 im Gürzenich an zwei Tagen aufgeführten Revue „Usjebomb“ zur 60. Wiederkehr. Der Film wurde zweimal wiederholt, die von Köln-Kongress mit den Bläck Fööss im Gürzenich veranstaltete „Zeitrevue“ mit Interviews von Zeitzeugen hinterließ nachhaltige Eindrücke und begeisterte Kritiker, die die WDR-Aufzeichnung als die beste aller bundesweit ausgestrahlten Dokumentationen zum 60. Jahrestag seit Kriegsende bezeichneten.
Nun gibt es eine Neuauflage im großen Festsaal der Flora. Die Bläck Fööss spielen jene Lieder, die den Kölnern damals auf den Lippen lagen und von Hoffnungslosigkeit und Hunger, aber auch von ersten Erfolgen und neuem Selbstbewusstsein erzählen. Durch das Programm führen die Brauchtumsforscher Reinold Louis und Wolfgang Oelsner.
Louis, der schon 1995 und 2005 als Moderator dabei war, ist nach der im August 1944 erfolgten Evakuierung ins Oldenburger Land im Oktober 1945 nach Köln zurückgekommen und hat all das erlebt, was die zeitgenössischen Dichter in ihren Liedern geschildert haben: Verdunkelung, brennende Häuser, Hamstern, Maggeln, Schwarzer Markt, Klüngel.
Brauchtums-Experte und Karnevalsphilosoph Wolfgang Oelsner, Kinder- und Jugendpsychotherapeut, erforscht seit Jahren die Psyche der Narren hinter der Maske und hat für mehrere Fachbücher über das Fest der Sehnsüchte und die Lust an der Maskerade Hobby und Beruf zusammengebracht. Bei „Usjebomb & Opjebaut“ erklärt er die tiefere Bedeutung des rheinischen Karnevals und die Kölner Mentalität. Jean Pütz, als Zeitzeuge geladen, hat die Zeit der Not und Entbehrungen noch in guter Erinnerung, ebenso wie Gast und Sänger King Size Dick.
Im ersten Teil des Programms geht es um die Lieder der ersten Nachkriegsjahre. Die meisten Lieder existierten nur in Form von Klavierstimmen; ausgeschriebene Orchesterarrangements oder gar Schallplattenaufnahmen standen den Bläck Fööss nicht zur Verfügung. So sind sie gezwungen, aus der Not eine Tugend zu machen. Mit der Beschränkung auf ein paar Instrumente wie Klavier, Quetsch, Gitarren und Mandolinen schaffen sie eine Atmosphäre, in der man sich die Darbietung dieser Lieder unter einfachsten Verhältnissen, in einem kleinen Saal, einer Kneipe oder auf der Straße vorstellen kann.
Die Lieder im zweiten Teil berichten von der Fress- und Reisewelle, beklagen die Verschandelung der Stadt mit Versicherungs- und Banken-Bauten und leiten über zu den ersten Gastarbeitern. Als Gast singt Ludwig Sebus, 1950 aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Köln gekommen, eines seiner ersten Lieder „Jede Stein en Kölle“ und am Schluss darfnatürlich auch der „Stammbaum“ nicht fehlen. step