Kölns OB Reker: „Das hatte nichts mehr mit Karneval zu tun“
Massig Wildpinkler, Müllberge und Schnapsleichen - Kölns Karnevalsauftakt am 11.11. ist ein eher dunkles Kapitel närrischen Frohsinns. Im bevorstehenden Straßenkarneval soll nun alles besser werden.
Die Oberbürgermeisterin erklärt, wie das gehen soll.
Wer an Karneval schon mal in Köln auf der Straße unterwegs war, weiß: Es geht vielerorts nicht gerade zimperlich zu. Leute pinkeln in die Ecken, streiten sich, hinterlassen Müll. Am 11. November 2017 - dem Elften im Elften - geriet der Karnevalsauftakt allerdings derart aus der Bahn, dass die Stadt um ihren Ruf fürchtet. Im Gespräch erklärt Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), wie sich die Karnevalskultur verändert hat - und warum sie trotzdem Düsseldorf nicht beneidet.
Sie haben nach dem 11. November - dem Elften im Elften - davon gesprochen, dass der „Karneval und unsere Stadt kaputtgemacht“ wird. Das waren relativ drastische Worte. Waren sie notwendig?
Reker: Ich glaube, dass es nötig ist, Dinge auch mal sehr deutlich zu machen und zuzuspitzen, damit sich etwas ändert. Der Karneval ist in den letzten Jahren - oder eher Jahrzehnten - zu etwas geworden, das eher einem allgemeinen Besäufnis entspricht, als dem, was unsere Karnevalskultur ausmacht. Ich will den Kölnern natürlich nicht sagen, wie sie Karneval feiern sollen. Aber das hatte nichts mehr mit Karneval zu tun.
Wie erklären Sie sich diese Exzesse?
Reker: Es kommen heute sehr viel mehr Menschen nach Köln. Der elfte Elfte war früher eigentlich kein großer Karnevalstag, er wurde im kleinen Kreis begangen. Heute ist das ganz anders. Und unsere Analyse war: Dort, wo es außer Alkohol kein anderes Angebot gab, gab es die meisten Probleme. Deswegen wollen wir das Angebot an Alkohol reduzieren und gleichzeitig neue Unterhaltungsangebote aufbauen. Das heißt, es wird weniger Bierbuden geben. Und an Weiberfastnacht bauen wir eine zusätzliche Bühne auf.
Trotzdem ist es schon ein wenig verwunderlich, dass die Diskussion in Köln ausgerechnet jetzt ausbricht - wer schon mal an Karneval da war, kennt die Zustände. Akzeptiert man das heute vielleicht einfach nicht mehr so schnell wie früher?
Reker: Ja. Ich glaube, die Menschen haben heute einen höheren Anspruch an die öffentliche Ordnung. Aber man muss natürlich immer genau gucken: Wo brauchen wir den Rechtsstaat und was ist ein gesellschaftliches Problem. Hier ist es ein gesellschaftliches Problem. Man kann es also auch nur mit der Stadtgesellschaft lösen. Deswegen bin ich froh, dass wir nun eine Vereinbarung mit den Gastwirten haben, was die Bierbuden angeht.
Es gibt Leute, die sagen, dass man auch die Stadt aufhübschen müsste. Nach dem Motto: Wenn etwas aufgeräumt und gepflegt ist, will man eher nicht dagegen pinkeln.
Reker: Alle müssen daran mitwirken, die Stadt besser zu pflegen, das sage ich schon lange. Wir werden das tun. Wir hatten im letzten Haushalt mehr Geld für die Stadtreinigung, wir werden im kommenden noch mehr haben. Das gehört dazu. Aber es ist auch nicht nur Aufgabe der Verwaltung, sondern von allen.
Beneiden Sie eigentlich Düsseldorf? Da wird auch Karneval gefeiert, aber es hat nicht ganz diesen Ballermann-Ruf wie Köln.
Reker: Diese Frage können Sie sich selbst beantworten! Natürlich beneide ich Düsseldorf um nichts (lacht). Im Ernst: Das ist ein ganz anderer Karneval. Und auch wenn es Konkurrenz zwischen den beiden Städten gibt: Es gibt sie ganz sicher nicht im Karneval. Da ist die Führungsrolle klar. Das erkennt selbst Düsseldorf an.
ZUR PERSON: Henriette Reker (61, parteilos) wurde im Oktober 2015 zu Kölns Oberbürgermeisterin gewählt. Sie ist die erste Frau an der Spitze der Stadt. Einen Tag vor der Wahl war sie bei einem Messerattentat lebensgefährlich verletzt worden. Nach den Exzessen vom 11. November 2017 initiierte sie einen „Runden Tisch“ mit Vertretern des Kölner Karnevals, der Stadtgesellschaft und der Behörden. Den kommenden Straßenkarneval sieht sie als Testlauf, ob die besprochenen Maßnahmen greifen.