Neun Klimazonen für neues Archiv
Der Eisspeicher sorgt für optimale klimatische Verhältnisse in den Archiven.
Köln. Eine für die Stadt Köln bislang einzigartige technische Gebäudeausstattung hat die Gebäudewirtschaft der Stadt am vergangenen Freitag auf der Baustelle für den Neubau des Historisches Archivs und des Rheinisches Bildarchivs am Eifelwall vorgestellt: einen Eisspeicher, der als ein Teil des Energiekonzepts künftig mit für optimale klimatische Verhältnisse in den Archiven sorgen wird. Das Bauwerk ist nur noch kurze Zeit sichtbar und verschwindet bald unter einer Betondecke des künftigen Innenhof-Bodens.
Der Speicher ist Bestandteil eines Klimakonzepts, das auf die spezifischen Anforderungen des Neubaus passgenau zugeschnitten wurde. Das Konzept verbindet eine neu gebaute Brunnenanlage, eine Wärmepumpe und einen Eisspeicher auf dem Grundstück des Neubaus mit einer raum-lufttechnischen Klimaanlage (RLT) und stellt damit neun Klimazonen sicher, die für die unterschiedlich sensiblen Archivalien und Fotografien nötig sind. „Die Klimatechnik kommt mit sehr geringen Luftmengen zurecht und reguliert Beheizung, Be- und Entfeuchtung sowie Kühlung für die unterschiedlich sensiblen Archivalien und Fotografien“, erklärte Birgit Grunert-Schmitz, Architektin und stellvertretende Projektleitung der Gebäudewirtschaft.
Die besondere Herausforderung für den Planer der Gebäudetechnik bestand darin, speziell für den Eifelwall ein energieeffizientes Klimakonzept zu entwickeln, das zwei Anforderungen gerecht wird: den geschlossenen, Tresor-ähnlichen Archivbereichen zur Aufbewahrung und Wiederherstellung beschädigter Archivalien einerseits sowie Fotografien und Büchern andererseits sowie als auch den offenen Flächen wie Büros, Labor- , Werkstatt- und Leseräumen.
Doch wie funktioniert der Eisspeicher? Die Brunnenanlage fördert etwa 13 Grad warmes Grundwasser, das im Winter als weitere Wärmequelle dient. Im Sommer kann dieses Grundwasser ohne weiteren Maschineneinsatz die Hüllflächen des Magazins sowie die Flächenkühlsysteme im Mantelbau kühlen. Die äußeren Decken und Wände des künfti-gen Magazinbaus werden ähnlich einer Fußbodenheizung klimastabil gehalten. Damit wird die Raumtemperatur konstant gehalten. Im Mantelbau wird die Energie zusätzlich in Rohrsystemen über die Betondecken verteilt.
Der Eisspeicher ist ein mit Wasser gefüllter Behälter im Erdreich mit einem Fassungs-vermögen von 400 000 Litern. Er hat einen Außen-Durchmesser von 16,5 Metern. Die Wärmepumpe entzieht dem Wasser Wärme, die über die Lüftungsanlage in die Wände geleitet zum Heizen genutzt werden kann. Das Eis dient der Kühlung. Beides kann über Monate gespeichert oder auch kurzfristig bereitgestellt werden. So kann schnell auf kleinste Temperatur- und Feuchtigkeitsveränderungen reagiert werden, die etwa durch Beleuchtung oder den Betrieb von Geräten in „ruhenden“ Bereichen entstehen können. Sowohl Eisspeicher als auch Wärmepumpe werden durch den Brunnen mit geothermischer Energie, also einer regenerativen Quelle gespeist. „Dies ist sowohl aus ökologischen wie wirtschaftlichen Aspekten sinnvoll“, erklärt Grunert-Schmitz.
Am Eifelwall errichtet derzeit die Stadt Europas modernstes kommunales Archiv, in dem das Historische Archiv der Stadt und das Rheinische Bildarchiv ihren neuen Platz finden. Auf einer Gesamtfläche von etwa 20 300 Quadratmetern stehen rund 58 Regalkilometer und 460 Planschränke für das Archivgut zur Verfügung. Das Rheinische Bildarchiv bekommt weitere 2,2 Regalkilometer Lagerfläche. Das neue Archiv soll ein einladendes und offenes Haus werden, das gleichzeitig rund 150 Mitarbeitern hochfunktionale Arbeitsplätze bietet. Im Lesesaal stehen 45 Plätze für die Arbeit mit Archivgut zur Verfügung. Der Neubau ist mit Gesamtkosten in Höhe von 83,6 Millionen Euro veranschlagt. Die Fertigstellung ist für März 2020 geplant.
Am 3. März 2009 war das Gebäude des Historischen Archivs an der Severinstraße vermutlich im Zusammenhang mit Bauarbeiten an einem unterirdischen Wechselgleisbau-werk zusammengestürzt. Zwei Menschen aus benachbarten Wohnhäusern verloren ihr Leben. Unbewohnbare Wohnhäuser erforderten Umzüge, Schulunterricht musste verlegt werden. Das Quartier erholt sich langsam von den Folgen des Einsturzes.