Orchesterverein Hilgen: Filmreife Kulisse jenseits von Afrika
Der OVH bedient mit einem Programm aus Filmmelodien einmal mehr das Kino im Kopf.
Burscheid. Selten hat sich der Orchesterverein Hilgen so sehr mit seinen Ehrengästen geschmückt. Eine illustre Gesellschaft, die da am Samstagabend dem Ruf in die Kirchenkurve gefolgt ist: von James Bond bis zu Inspector Clouseau, von Mister Spock bis zu Karen Blixen. Keiner der Stars hat es nötig, eine Rede zu halten. Niemand drängt sich in den Vordergrund. Eigentlich bleiben sie alle unsichtbar — und sind doch allgegenwärtig.
Leinwandhelden ohne Leinwand: Dieses Kunststück gelingt dem Orchesterverein mit Leichtigkeit. Man kann ihn sich gut als Filmorchester vorstellen, während im Hintergrund die Schwarz-Weiß-Streifen aus der Stummfilmzeit abgespult werden, als die Bilder laufen lernten. An diesem Abend aber reicht allein die filmreife Kulisse der Kirchenkurve aus.
Ihr Potenzial hat das Orchester mit seinem ersten Serenadenkonzert 2003 wiederentdeckt. Und bringt es neun Jahre später einmal mehr mit einem Programm aus Filmmusik zum Glänzen. Und weil an diesem Abend auch die Pauken von Beginn an im Sonnenlicht glänzen, kann es sich der OVH-Vorsitzende Martin Mudlaff bei seiner Begrüßung nicht verkneifen, genüsslich aus den eher pessimistischen Wetterprognosen der vergangenen Woche zu zitieren.
Die Burscheider und zahllose auswärtige Gäste bis hin zum mit Sonderapplaus bedachten Bäcker aus Effelsberg haben nach der Regenabsage im vergangenen Jahr jedenfalls nicht vergessen, wie schön es an diesem Ort sein kann: Die über 300 Stühle reichen bei Weitem nicht aus, allen Besuchern Platz zu bieten.
Platz räumt der OVH zunächst seinem Nachwuchs ein: Eine halbe Stunde zeigt das Juniororchester der Orchesterschule unter Leitung von Heide Wendt, welche Entwicklung es in den anderthalb Jahren seines Bestehens schon genommen hat. Das gewachsene Selbstvertrauen ist auch an den gewitzten Moderatoren aus den eigenen Reihen erkennbar.
Beim OVH selbst übernimmt diesen Part wieder Annette Willuweit. Und die charmante Pädagogin stimmt das Publikum gleich zu Beginn ein auf das am wenigsten eingängige Werk des Abends, Gustav Holsts „Planeten“, auszugsweise beschränkt auf Jupiter, Uranus und Mars. Dessen bedrohlich-dramatische Charakterisierung durch den Komponisten wirkt wie ein musikalischer Kontrapunkt zur friedlichen Atmosphäre, die sich gerade über den Kirchenvorplatz legt. Aber das Raumschiff Enterprise in den unendlichen Weiten beruhigt die aufgewühlten Seelen noch vor der Pause.
Danach gehört der Abend endgültig den Charts der Filmmusik. Ein Bond-Potpourri und Henry Mancinis unvermeidlicher „Rosaroter Panther“ sind dabei nur die Anheizer für John Williams’ oscargekrönte „Star Wars“-Musik zum Finale, die das Publikum unmittelbar nach den Schlussakkorden von den Stühlen reißt.
Natürlich können die Bläser und Dirigent Johannes Stert („Jetzt könnte man eigentlich so weitermachen“) danach nicht einfach von der Bühne. Und der folgende Abstieg in die Niederungen des Fernsehens ist zwar eine witzige Zugabe — aber soll ein solcher Abend wirklich mit der Tagesschau-Fanfare enden?
Nein, soll er nicht. Mit dem ihm eigenen Gespür für die nötigen Gefühlswallungen vor dem Zubettgehen verabschiedet der OVH sein Publikum mit „Out of Africa“. Und plötzlich wäscht Robert Redford mitten in der Kirchenkurve auf so unnachahmliche Weise Meryll Streep die Haare. Man kann sie nicht sehen — aber sie sind allgegenwärtig.