OVH: Musikalische Einigkeit in Minutenschnelle
Offen, humorvoll, unbeschwert: Timor Chadik tritt die Stert-Nachfolge anscheinend mühelos an.
Burscheid. Dass Mann und Frau zueinander finden, scheint mitunter ein schwierigeres Unterfangen zu sein als der Funkenschlag zwischen Dirigent und Orchester — jedenfalls, wenn man Timor Chadik glaubt. „Als Musiker merkt man nach einer Minute, ob das passt oder nicht“, sagt der 38-Jährige. Für ihn ist daher keineswegs verwunderlich, dass beiden Seiten schon nach zwei Proben klar war, dass er ab November der neue Chefdirigent des Orchestervereins Hilgen (OVH) werden soll.
Den gebürtigen Südhessen sympathisch zu finden, fällt jedenfalls schon mal nicht schwer. Er wirkt offen, humorvoll und unbeschwert selbstbewusst. So unbeschwert, dass es ihm offenkundig nicht im Geringsten etwas ausmacht, mit der Nachfolge von Johannes Stert die Wucht einer musikalischen Ära von fast 25 Jahren abzulösen.
Für das Orchester könne so ein Wechsel doch spannend sein, sagt er fröhlich. Und freut sich, von Stert ein Orchester „mit einem unglaublich wachen musikalischen Verständnis“ hinterlassen zu bekommen. „Daran kann man anknüpfen.“
Aus Sicht des Orchesters ist der neue Mann „unheimlich mitreißend“, wie Vereinsvorsitzender Martin Mudlaff die ersten gemeinsamen Probenerfahrungen bilanziert. „Wir brauchen jemand, der uns mitnimmt, sonst liefern wir keine gute Leistung.“ Von Chadik wisse man sich jederzeit angesprochen, „aber er ist sehr genau. Man kann sich nicht verstecken, doch mit seinen Hinweisen stößt er auch niemanden vor den Kopf.“
Auch wenn Chadik sich also, von den Arbeitsprozessen in den Opernhäusern etwas zermürbt, vor acht Jahren für eine musikalische Karriere bei der Bundeswehr entschieden hat, schneidiges Kommando ist von ihm nicht zu erwarten. „Die Zeit der Diktatoren ist vorbei“, sagt er. Ihn habe an der Bundeswehr allein gereizt, dass der Chefdirigent dort „mehr Verantwortung gegenüber dem Orchester hat“.
Im Januar wechselt Chadik vom Luftwaffenmusikkorps in Münster zur Bundeswehr-Big Band in Euskirchen und wird dann auch in die Eifel umziehen. Neben der Big Band soll der OVH sein einziges festes Ensemble sein — und die ersten Ziele sind schon gesteckt: Nach „Peter und der Wolf“ Ende November in Leichlingen ist der Blick gleich schon auf den Landesorchesterwettbewerb Ende September nächsten Jahres in Duisburg gerichtet. Von dort soll der Weg direkt zum 9. Deutschen Orchesterwettbewerb 2016 nach Ulm führen. Natürlich will man wieder um den Titel mitspielen — wie schon dreimal erfolgreich.
Timor Chadik ist diese Welt der Musikvereine vertraut. Im hessischen Rodgau ist er groß geworden, hat als Posaunist in verschiedenen Vereinen gespielt, ehe das Musikstudium in Würzburg folgte. Die Verankerung des OVH in Burscheid hält er vor diesem Hintergrund weiter für wichtig, obwohl mittlerweile nicht einmal mehr die Hälfte der fast 70 Musiker von hier stammt. „Aber unter denen, die sich über die Musik hinaus für den Verein engagieren, sind es bald hundert Prozent“, sagt Mudlaff. Auch in Zukunft wird der OVH von seiner Heimatstadt also nicht lassen.