OVH-Vorsitzender Martin Mudlaff: „Hildesheim schmerzt nicht mehr“
Der OVH-Vorsitzende Martin Mudlaff über den verpassten Titel, das Verhältnis zum Gründungsort und den Traum vom perfekten Konzertsaal.
Herr Mudlaff, seit der vergangenen Woche klebt der Hinweis „Ausverkauft“ auf den Werbeplakaten für Ihr Jubiläumskonzert. Wie viele Gäste werden das Programm demnach am Samstag verfolgen?
Martin Mudlaff: Wenn denn alle kommen, die eine Karte gekauft haben, 510.
Denen hätten Sie sich gerne als erneuter Gewinner des deutschen Orchesterpreises präsentiert. Wie sehr schmerzt der zweite Platz von Hildesheim noch?
Mudlaff: Gar nicht mehr. Das wurde dadurch aufgewogen, dass wir in der Sonderwertung danach diese grandiose Aufführung von „Bachseits“ hatten. Mir geht es da ähnlich wie 2001 in Kerkrade beim Weltmusikwettbewerb, als wir Vorletzter geworden sind, was nicht nur wir, sondern auch das Publikum und viele Musiker anderer Orchester ungerecht fanden. Das hat auch erst geschmerzt, aber da sind wir wieder schnell drüber hinweggekommen.
Johannes Sterts Komposition „Bachseits“ ist am Samstag zum ersten Mal in Burscheid zu hören — und nicht nur dort. Das Stück macht offenbar Furore.
Mudlaff: Ja, es wird am Samstag parallel auch in Holland aufgeführt. Jan Kober, ein niederländischer Stardirigent für Blasmusik, hatte das Stück in Slowenien bei einem Orchestercamp von Johannes Stert gehört und war so begeistert, dass er um die Noten bat. Schade, dass wir seine Interpretation jetzt nicht hören können.
Das ausverkaufte Konzert zeigt, dass der OVH und der Ort seiner Gründung noch immer eng verbunden sind. Aber wie schwierig ist es, diesen hohen musikalischen Anspruch zu haben und doch die Verbindung zu den Menschen vor Ort nicht zu verlieren?
Mudlaff: Kleinere Auftritte vor Ort sind nicht mit einem so großen Aufwand verbunden wie ein sinfonisches Konzert, aber es ist auch nicht leicht, die Leute zusammenzubekommen, weil wir inzwischen ein so großes Einzugsgebiet haben von Duisburg bis Bonn. Und diese Musiker dazu zu bewegen, sich für ein kleines Ständchen noch mal auf den Weg nach Burscheid zu machen, wo sie ohnehin schon viele Wochenenden verbringen, ist schwierig.
Ein neuer Versuch der Anbindung an Burscheid war 2010 die Gründung der Orchesterschule. Ein Schritt, der sich bewährt hat?
Mudlaff: Ich hoffe, dass er sich bald bewährt. Jetzt schon ein Fazit zu ziehen, ist noch etwas früh. Aber auf dem richtigen Weg sind wir in jedem Fall. Wenn man den Kleinen beim Proben zuhört, macht das ganz viel Hoffnung, dass auch bald schon einige von ihnen im großen Orchester zu hören sein werden.
Dieses große Orchester wird mit Unterbrechungen schon sei 22 Jahren von Johannes Stert dirigiert. Es hat von beiden Seiten nicht wirklich konsequente Abnabelungsversuche gegeben. Ist der OVH ohne Stert überhaupt noch denkbar?
Mudlaff (lacht): Darüber haben wir am vergangenen Wochenende noch in kleinem Kreis diskutiert und sind zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen. Für mich ist das im Augenblick schwer vorstellbar. Wir stünden jedenfalls vor einer großen Hürde, wenn er uns jetzt aus welchen Gründen auch immer verlassen würde.
Reisen, Gastmusiker, Wettbewerbsteilnahmen — das kostet alles viel Geld. Ist es schwieriger geworden, ein solches Orchester zu finanzieren?
Mudlaff: Wenn man viele Jahre zurückgeht, ist es mit Sicherheit viel schwerer geworden. Wenn ich meine Zeit im Vorstand überblicke, haben sich die Bedingungen seither nicht großartig verändert, was nicht heißen soll, dass die Finanzierung einfach ist, sondern dass sie schon immer schwer war.
Einen wirklich geeigneten Konzertsaal vermisst der OVH in Burscheid schon lange. Wo könnte denn der perfekte Aufführungsort liegen?
Mudlaff (lacht): Nach dem Probenwochenende sind wir am Sonntag an der Baustelle neben der Hauptschule vorbeigekommen, wo früher die Feuerwache stand. Da hat einer gesagt: „Guck mal, hier wird das neue Probenlokal gebaut. Das wird sicher die Überraschung zum 100-Jährigen.“ Aber wenn es schon eine Schulaula mit ein bisschen Konzertcharakter gäbe, wären wir mit Sicherheit zufrieden.
Die Philharmonie Luxemburg darf es aber auch mal sein.
Mudlaff: Ja sicher. Das ist ein unglaublicher Bau und dort nehmen wir im Mai erstmals an einem Wettbewerb teil, bei dem Jan Kober Schirmherr und Mitjuror ist.