Privatleute nehmen Alleinstehende an Heiligabend auf
Organisiert ist diese Hilfe aber nicht. Prädikantin Hannelore Schmiss sieht einen Weg, das professioneller zu betreuen.
Burscheid. Das Alleinsein ist sie seit zwanzig Jahren gewohnt. Cicec Temel kam aus ihrer osttürkischen Heimat 2001 nach Nordeuropa und 2006 nach Burscheid. Dort fand sie einige Jahre Unterkunft in den Häusern Luisenstraße, konnte vor vier Jahren in eine hübsche Wohnung umziehen.
Nun ist sie zwar nicht mehr mitten in der Geräuschkulisse lebensfroher Großfamilien, aber die Ruhe um sie herum hat auch ihre Nachteile. Cicec ist gesellig und bemüht sich um Kontakte. Die findet sie aber nur ab und zu, beispielsweise, wenn sie ihren Füßen eine Ruhepause gönnt auf der Bank im Vorraum vom Kaufpark. „Ich muss jeden Tag aus dem Haus — sonst habe ich Sorge, ich könnte einmal depressiv werden.“
Besonders am morgigen Heiligen Abend hat sie Glück. „Diesmal kommt eine liebe Dame und holt mich ab zur Feier im Seniorenheim. Wir haben uns ab und zu beim Einkaufen gesehen, und sie hat mich eingeladen.“
Cicec Temel ist also aus der großen Schar alleinstehender und dementsprechend an den Feiertagen besonders einsamer Personen heraus gefallen. Doch andere Alleinlebende sind in dieser Richtung nicht so offen und warten doch insgeheim darauf, angesprochen zu werden.
Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den christlichen Kirchen beider Konfessionen und sozialen Einrichtungen Burscheids leisten ohnehin auch in diesem Jahr ein übervolles Pensum an Ideen, Vorbereitung und Ausrichtung von Advents- und Weihnachtsfeiern. Bliebe da noch Luft und Arbeitspotenzial, um auch ein Auge auf jene zu werfen, die nicht berücksichtigt sind?
Hannelore Schmiss, Prädikantin der Evangelischen Kirchengemeinde, kennt und erkennt die Grenze der Belastbarkeit aller Helfer im offiziellen Programmangebot. „Es gibt aber auch viele Privatleute, die den innerfamiliären Festabend auch für Freunde, Bekannte und andere Singles öffnen.“ Sie könnten zwar ihre Einladung nicht in jede viel zu stille Wohnung hinein aussprechen — aber sie seien ein Beispiel und hoffentlich ein Anreiz für weitere Anbieter. Und könnten vielleicht in einer Art Börse als Paten für derartige Einladungen künftig in einer organisierten Form Hilfe leisten.
Den Hinweis möchte Schmiss gerne aufgreifen. „Für das nächste Jahr werde ich die Idee im Auge behalten. Wer sich in der Lage sieht, einsame Menschen in vertretbarer Menge an den Weihnachtstagen privat zu sich zu bitten, sollte dazu ermutigt werden, dies rechtzeitig zu äußern.“