Pro Familia hilft Schwangeren in Not
Pro Familia berät Frauen, deren Kinder behindert zur Welt kommen werden. Ein neues Gesetz zwingt Ärzte jetzt, darauf hinzuweisen.
Burscheid. Verzweifelte Frauen, verunsicherte Ehemänner. "Paare, die mitgeteilt bekommen, dass ihr Kind möglicherweise mit einer schweren Behinderung zur Welt kommt, sind geschockt", sagt Jutta Kuck, Ärztin bei der Familienberatungsstelle Pro Familia. Nicht selten nähmen Ärzte sich nicht die Zeit, betroffene Frauen aufzuklären.
Erst im Dezember erreichte Kuck der Anruf einer schwangeren Frau. Der Pränataldiagnostiker hatte die werdende Mutter an einem Freitagnachmittag informiert, dass ihr ungeborenes Kind an einer schweren Knochenerkrankung leide. Zeit, die Frau zu beraten, habe er sich nicht genommen, ihr stattdessen geraten, sich im Internet über die Diagnose schlau zu machen. Kucks Meinung dazu steht fest: "Das darf einfach nicht passieren." Sie habe erlebt, dass Frauen von dem beunruhigendem Ergebnis der vorgeburtlichen Untersuchung im Restaurant überrascht wurden - per Mobiltelefon.
Jetzt hat der Gesetzgeber reagiert. "Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes", lautet der sperrige Titel der neuen Richtlinie. Demnach sind Mediziner seit dem 1.Januar dazu verpflichtet, betroffene Patienten zu informieren, bei welchen Beratungsstellen sie Hilfe finden können und damit mehr Gewicht auf die psychosoziale Beratung zu legen. Der Hintergrund: Die Zahl der Spätabbrüche ist hoch. Rund 1300Abbrüche nach der 17.Woche verzeichneten die Statistiken 2008.
Nur wenige der betroffenen Frauen suchten bisher Hilfe in den Beratungsstellen, schätzt Kuck. Gerade fünf Gespräche zum Thema hätten die Mitarbeiter von Pro Familie im vergangenen Jahr führen müssen. "Grund ist, dass die Frauen nicht informiert sind."
Um den Medizinern von nun an die Arbeit zu erleichtern, hat Pro Familia jetzt Handzettel herausgegeben, die auf die psychosoziale Beratung hinweisen. Und die ist wichtig, sagen Kuck und Pro Famila-Leiterin Angela Plücker: "Wir können den betroffenen Paaren die Panik nehmen."
Im Fall der Frau, deren Kind mit einer schweren Knochenerkrankung zur Welt kommen könnte, vermittelte Kuck Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe. Die wiederum verwies die Schwangere an einen Kölner Arzt, der an eben dieser Erkrankung leidet. "Wenn betroffene Frauen sehen, was ihr Kind erreichen könnte, nimmt ihnen das die Angst." Entschließt sich eine Frau, das Kind zu bekommen, stehen die Mitarbeiter der Beratungsstelle den Familien mit Rat und Tat zur Seite. Auch mit ganz praktischen Tipps, indem sie bei Behördengängen helfen oder erklären, was es mit den Pflegestufen auf sich hat.
Frauen, die sich für einen Schwangerschaftabbruch entscheiden, finden bei Pro Familia ebenfalls Hilfe. Die Mitarbeiter unterstützen Paare dabei, mit dem Verlust fertig zu werden, beantworten aber auch ganz praktische Fragen: Zum Eingriff oder zur Beerdigung. Darauf legen Kuck und Plücker großen Wert: "Bei uns können betroffene Schwangere offen beide Möglichkeiten diskutieren."