Tagesmütter: Mehr als nur ein Notstopfen

Hannelore Kaiser und Jenny Zyball wollen die Interessen von Tagesmüttern stärken.

Burscheid. Wickeln, fördern, vorlesen, basteln, spielen, kochen — all das gehört zu ihren Aufgaben. Hannelore Kaiser (60) und Jenny Zyball (31) sind zwei von 10 aktiven Tagesmüttern in Burscheid, die 18 Kinder betreuen.

Seit März betreuen sie unter Dreijährige bei sich in kleinen Gruppen. Diese Unterbringung wird vor dem Gesetz als gleichwertig zu einem Kitaplatz gesehen.

Doch das kommt in der Öffentlichkeit nicht immer so an, glauben die beiden Tagesmütter. „Wir wollen deshalb gemeinsam mit einer Tagesmutter aus Leichlingen eine Interessengemeinschaft für Tagesmütter gründen“, sagt Zyball im Gespräch mit dem BV. Ihr Ziel: Die Situation der Tagesmütter zu verbessern.

Zyball nennt ihre Gruppe mit Kindern ab vier Monaten die „Liesendahler Orgelpfeiffen“ und Kaiser „Begegnung mit den Generationen“, weil die Kinder in der Wohnung auf Kaisers 91-jährigen Vater treffen. Beide sind mit Elan und Herz bei der Sache, doch sie stellen auch Probleme fest.

Es ist eine Tatsache, dass viele Eltern für ihre Kinder keine Vollzeitbetreuung in Anspruch nehmen, sondern sie nur einige Stunden bei den Tagesmüttern lassen. „Das ist dann schwer zu kalkulieren, insbesondere, wenn man von dem Beruf leben möchte“, sagt Jenny Zyball.

Hannelore Kaiser beispielsweise hat zurzeit mehrere sogenannte „Randzeitkinder“. „Ein Kind betreue ich alle 14 Tage am Wochenende, weil die Mutter dann arbeiten muss. Manche Kinder betreue ich nur morgens vor acht Uhr oder abends nach 17 Uhr“, erklärt die 60-Jährige.

Das Problem: Tagesmütter dürfen lediglich fünf Vollzeitplätze, und maximal acht Verträge mit Eltern abschließen. „Manche Tagesmütter lehnen Teilzeitbetreuung ab, weil es sich für sie nicht lohnt“, sagt Zyball. Denn der Lohn, den die Tagesmütter vom Jugendamt bekommen, ist nicht sehr hoch. Je nach Betreuungsdauer kommen sie auf einen Stundenlohn von 3,36 Euro pro Kind.

„Wenn ich bedenke, was ein Babysitter bekommt, wird mir schlecht“, sagt Zyball. Im Jugendhilfeausschuss hieß es noch am Montag in einer Vorlage, dass „die Tagesmütter die gewährte Geldleistung als leistungsgerecht erachtet wird“. Zyball aber nimmt mehr Geld von den Eltern, damit sich ihre Tätigkeit überhaupt lohnt.

„Dabei hat man ein soziales Gewissen und berücksichtigt die wirtschaftliche Lage der Eltern“, sagt die 31-Jährige. Ein Beispiel: Einen Monat bevor die Kinder betreut werden, kommen sie mit den Eltern zur Tagesmutter, um die Umgebung kennenzulernen. Diese sogenannte Eingewöhnungsphase lassen sich Kaiser und Zyball nicht nach Stunden bezahlen. Sie nehmen lediglich eine kleine Pauschale.

Alexander Schiele, Pressesprecher des Rheinisch-Bergischen Kreises betont, dass der Lohn in Ordnung ist, wenn die Tagesmütter mehrere Kinder betreuen. Zudem investiere der Kreis in die Qualität der Betreuung: „Wir bezahlen die 600 Euro für die beiden Qualifizierungskurse der Tagesmütter.“

Zyball und Kaiser wünschen sich, dass ihre Arbeit mehr anerkannt wird. „Wir sind mehr als ein Notstopfen“, sagt Kaiser. Doch beide erleben regelmäßig, dass Kinder sobald sie einen Kitaplatz haben, die Tagesmutter verlassen.

„Einige Eltern haben Angst, dass das Jugendamt ihnen die Betreuung bei der Tagesmutter nicht weiter bezahlt“, berichtet Zyball. Christian Schiele betont, dass die Eltern die Wahlfreiheit haben, aber ergibt zu, dass „das Jugendamt den Eltern empfiehlt, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken.“