Tarifeinigung: Lohnplus spaltet die Gemüter
Die Themen Altersteilzeit und Bildung scheinen unstrittig, so die ersten Reaktionen.
Burscheid. Am frühen Dienstagmorgen der Pilotabschluss für die Metallbranche in Baden-Württemberg — und Dienstagnachmittag saß ab 14 Uhr schon die Verhandlungskommission in Düsseldorf zusammen, um die Übernahme für NRW zu verhandeln. Mit am Tisch: Witich Rossmann, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Köln-Leverkusen. Sein Urteil über die Tarifeinigung: „Außerordentlich gut.“
Die 3,4 Prozent mehr Lohn ab April seien „ein sehr gutes Ergebnis“. Auch in Sachen Altersteilzeit habe Baden-Württemberg „einen sehr guten Job gemacht“, indem die bisherige Altersteilzeitquote von vier Prozent der Belegschaft beibehalten und nicht halbiert wurde. „Wichtigster Erfolg“ aus Sicht Roßmanns ist aber, dass die unteren Einkommensgruppen künftig 90 Prozent ihres Nettolohns während der Altersteilzeit erhalten. „Damit haben auch sie eine Chance auf Altersteilzeit.“
Als „ganz schmerzhaften Kompromiss“ bezeichnet dagegen Andreas Tressin, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Rhein-Wupper, die Entgelteinigung. „Meine große Sorge ist, dass einige unserer Mitgliedsunternehmen mit dem Abschluss deutlich überfordert sind und wir um hausinterne Lösungen nicht herumkommen.“
Bei einer erwarteten Inflation von 0,3 Prozent bedeute der Tarifabschluss „das dickste Real-Plus in unserer Industrie seit Jahrzehnten“. Die Kehrseite sei eine deutliche Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.
Bei den Themen Altersteilzeit und Weiterbildung, so Tressin, seien dagegen für beide Seiten vertretbare Lösungen gefunden worden. Allerdings wird es beim Bildungstarifvertrag keine Übernahme aus Baden-Württemberg, sondern eine NRW-spezifische Regelung geben, die dann auch für alle anderen Bezirke gelten soll.
Johannes Pink, Geschäftsführer der Federal-Mogul Burscheid GmbH, zeigt sich zunächst „grundsätzlich froh, dass es einen Abschluss gibt und wir aus der Unsicherheit heraus sind“. In Sachen Altersteilzeit habe es aus Unternehmenssicht wenig Handlungsbedarf gegeben, „weil wir dazu eine Betriebsvereinbarung haben und den Wünschen der Arbeitnehmer nach Altersteilzeit weitgehend nachkommen“.
Ähnliches gelte für den Bildungsbereich. „Wir haben interne und externe Weiterbildungsprogramme. Und sollte sich jemand privat so weiterbilden wollen, dass es im Zusammenhang mit dem Unternehmen steht, unterstützen wir das auch.“
Kritisch bewertet Pink dagegen die vereinbarte Lohnerhöhung, die weit über der Inflationsrate liegt „und auch höher, als wir erwartet haben“. Diese Lohnsteigerungsrate müsse nun schnell über eine bessere Produktivität ausgeglichen werden. „Wir haben schon jetzt einen sehr hohen Lohnanteil an den Produktionskosten, daher trifft uns das schon.“ Jetzt müssten möglicherweise Produktivitätsprojekte vorgezogen werden, um die Lohnerhöhung zu kompensieren.