Vom Weltraum in die Kinderreha
Das Konzept „Auf die Beine“ hilft an der Uniklinik Kindern und Jugendlichen mit Muskel- und Skeletterkrankungen. Jetzt wurde ein Erweiterungsbau eröffnet.
Köln. „Auf die Beine“ — so heißt das erfolgreiche interdisziplinäre Behandlungskonzept für Kinder und Jugendliche mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit. In den zurückliegenden elf Jahren wurden 3500 Kinder und Familien in diesem bundesweit einzigartigen Konzept betreut. Der Zulauf an der Uniklinik Köln ist so stark, dass eine Erweiterung des Gebäudes notwendig wurde. Am Freitag wurde der vier Millionen Euro teure Erweiterungsbau offiziell eingeweiht.
Das Konzept „Auf die Beine“ vereint jahrzehntelange interdisziplinäre Forschung über das Zusammenspiel von Muskulatur, Knochen und Nerven. Ein Großteil dieses Wissens stammt aus der Forschungsfrage: Wie verhält sich der menschliche Körper in der Schwerelosigkeit des Weltraums? Aus diesem Grund fand die Einweihung in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und unter Anwesenheit des Astronauten Prof. Reinhold Ewald statt.
1997 flog Ewald im Rahmen der zweiten deutsch-russischen Mission in den Weltraum. In einer Sojus-Kapsel reiste er mit einem russischen und ukrainischen Kosmonauten zur sowjetischen Mir-Raumstation. Dort verbrachte er knapp 21 Tage. „Ich war schon auch erleichtert, als ich nach meinem Raumflug wieder zurück auf der Erde war. Die ersten Tage hatte ich wenig Lust mich viel zu bewegen, ich wollte hauptsächlich sitzen. Ich brauchte fast eine Woche für die Rück-Anpassung. Meine Knochen brauchten allerding länger“, berichtete Ewald, der als Professor für Astronautik und Raumstationen an der Universität Stuttgart tätig ist.
Prof. Jens Jordan, Direktor des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR und Fakultätsmitglied der Medizinischen Fakultät der Uni Köln, betonte in seinem Beitrag die Interaktion zwischen Forschung für Luft- und Raumfahrtmedizin und klinischer Forschung im Krankenhaus: „Unsere raumfahrtmedizinische Forschung soll nicht nur den Astronauten, sondern auch den Menschen auf der Erde zugutekommen. Die neuen Erkenntnisse und Technologien aus der Raumfahrt fließen direkt in neue Therapieansätze ein. Die Rehabilitation für Kinder mit Muskel- und Skeletterkrankungen ist dafür ein gutes Beispiel. Umgekehrt können wir durch die Arbeit mit Patienten in der terrestrischen Medizin wertvolle Rückschlüsse für die Luft- und Raumfahrtmedizin ziehen.“
Prof. Eckhard Schönau, Geschäftsführer und Ärztlicher Leiter Uni-Reha, Zentrum für Prävention und Rehabilitation der Uniklinik Köln, erläuterte kurz das Konzept: Vom Aufenthalt in der Rehabilitation bis zur Therapie am Heimatort erfolgt die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Muskel- und Skeletterkrankungen nach einem abgestimmten interdisziplinären Behandlungskonzept. Ein Team, bestehend aus Ärzten, Physiotherapeuten, Sportwissenschaftlern, Ernährungswissenschaftlern und Verwaltung, arbeitet dabei Hand in Hand. „Unser Programm hat starken Zulauf und feiert — bezogen auf die Behandlungsergebnisse — große Erfolge. Wir haben Anmeldungen bis in das Jahr 2019 hinein. Unser Programm wird von nationalen und internationalen Patienten stark nachgefragt. Das ist der zentrale Grund für den Erweiterungsbau. So haben wir die Möglichkeit, die Behandlungskapazitäten zu erweitern und hoffentlich die Wartezeiten für unsere kleinen Patienten deutlich zu reduzieren“, sagt Schönau.
In dem neu entstandenen Gebäude wurden zehn Gästezimmer und zwölf Therapiezimmer neu geschaffen sowie Büros für die Verwaltung untergebracht. Die Mediziner gehen davon aus, dass nun etwa 160 Kinder und Jugendliche pro Jahr von dem Konzept profitieren können.