Vorbereitung für 80 Bühnenauftritte in der Session
Funkemariechen Judith Gerwing (26) und Tanzoffizier Pascal Solscheid (36) sind das Tanzpaar bei den Roten Funken.
Köln. Noch herrscht bei Judith Gerwing und Pascal Solscheid die Ruhe vor dem jecken Sturm. Schon bald ist das Tanzpaar der Roten Funken wieder in den Sälen der Stadt und der Region unterwegs — rund 100 Termine absolvieren die beiden, davon bis zu 80 Bühnenauftritte.
Direkt nach Ostern beginnt für den selbstständigen Tischlermeister und die Produktbetreuerin für Ratingverfahren in einem Kölner IT-Unternehmen die Vorbereitung für die neue Session. „Zunächst geht es beim Training um den Körperaufbau mit den Schwerpunkten Brust- und Rückenmuskulatur. Dann folgt die Arbeit an den Tänzen. Alle drei Jahre bekommen wir einen neuen Tanz, den unsere Trainerin choreographiert“, sagt Solscheid.
Mit Andrea Schug haben die beiden eine Trainerin, mit der Solscheid auch als Tanzpartnerin gemeinsam auf der Bühne stand. „Anfangs war das noch etwas ungewohnt, da musste man erst einmal wieder die Hierarchie klarstellen. Das war aber kein Problem, wir haben schon als Tanzpaar gut zusammengearbeitet, daran hat sich nichts geändert“, sagt der 36-Jährige.
Zweimal in der Woche wird trainiert, zur Session hin teilweise auch dreimal. Der Kontakt zu den anderen Tanzpaaren wird aktuell neben dem eigenen Stammtisch auch durch den Neunertanz gepflegt, bei dem sich alle Paare gemeinsam auf der Bühne präsentiert. Dafür gibt es ein eigenes Spezialtraining. „So einen Tanz gibt es alle fünf bis sieben Jahre in Köln, das ist für uns eine sehr schöne Geschichte. Das Verhältnis untereinander ist bestens, wir haben da eine gute Kameradschaft“, sagt Gerwing.
Pascal Solscheid tanzt seit elf Jahren für die Roten Funken und ist somit der dienstälteste Tanzoffizier bei den Kölner Traditionskorps. „Ich war schon als Jugendlicher in meiner Heimatgemeinde Kölsch-Büllesbach in einer Tanzgruppe. Die Chance, beim ältesten Kölner Korps zu tanzen, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Die Geschichte der Roten Funken hat mich beeindruckt und so bin ich zum Casting gefahren“, sagt der Tänzer, der sich damals gegen etwa 40 Konkurrenten durchgesetzt hat. Bei der Marie gab es beim dreitägigen Casting etwa 30 Bewerber, sie ist in der zweiten Session bei den Roten Funken aktiv. Zuvor tanzte die 26-jährige Bonnerin bei den Beueler Stadtsoldaten, und das seit ihrem achten Lebensjahr.
„Wichtig ist bei der Auswahl neben den tänzerischen Fähigkeiten auch die Persönlichkeit. Man muss einfach dazu passen und sich in die Gesellschaft mit einbringen können“, erklärt Solscheid. Einen großen Unterschied macht es, ob mit oder ohne Uniform getanzt wird. „In Uniform zu tanzen ist deutlich schwerer. Bei Training starten wir in den ersten Monaten zunächst ohne Uniform. Kommt diese dazu, fängt man praktisch wieder bei Null an. Das ist eine ganz andere Beweglichkeit“, sagt Gerwing.
In ihrem zur Uniform gehörenden Fässchen, das sie beim Tanzen ablegt, befinden sich wichtige und nützliche Dinge, wie zum Beispiel Nähzeug, Schlüssel, Handy und meist auch ein Stück Kreide, mit dem man Flecken aus der Uniform entfernen kann. „Ich versuche, das immer auf ein Minimum zu reduzieren. Aber mit dem Nähzeug kann man auch mal den Jungs helfen.“
Ein Problem als Frau unter alle den Männern im Korps hat Gerwing nicht: „Ich war ja schon bei den Beueler Stadtsoldaten, wo es einen sehr hohen Männeranteil gab. Da gab es keine große Umstellung. Die Roten Funken sind total nett und umgänglich. Da fühle ich mich sehr wohl.“
Das Engagement als Tanzpaar mit dem Beruf zu koordinieren fällt beiden nicht schwer: „Natürlich muss die Arbeit bei mir im Betrieb gemacht werden, aber als Selbstständiger kann ich mir das ganz gut einteilen“, sagt Solscheid. „Ich habe einen 40-Stunden-Bürojob — die Arbeitszeit ist aber flexibel einteilbar. Außerdem arbeite ich in Köln und kann direkt abends zu den Auftritten fahren“, berichtet Gerwing.