Katastrophe Das große Aufräumen nach dem Unwetter in Leichlingen
Das Pilgerheim Weltersbach musste teils evakuiert werden, ebenso das Seniorenzentrum Hasensprungmühle. Die Sachschäden sind enorm.
Leichlingen. „Lieber Herr Steffes, ich fände es toll, wenn die Stadt Leichlingen ein Spendenkonto einrichten könnte: Wahlweise für schnelle Hilfe, z. B. Eimer, Schaufeln, Dinge, die jetzt schnell und unbürokratisch gebraucht werden“, schreibt gestern eine Leichlingerin per Facebook an den Bürgermeister. Eines von vielen Zeichen der Solidarität nach einer Katastrophennacht in der Blütenstadt. Um 0.39 Uhr geht der erste Alarm bei der Feuerwehr ein, um 1.37 Uhr wird Stadtalarm mit Sirenen für alle vier Löschzüge ausgelöst: Es zieht ein derart schweres Gewitter mit Hagel und Sturm über Leichlingen hinweg, dass die Aufräumarbeiten Tage dauern werden.
Besonders schlimm hat es das Pilgerheim Weltersbach und das Seniorenzentrum Hasensprungmühle getroffen. Feuerwehren, Rotes Kreuz und Technisches Hilfswerk sind in der Nacht und gestern im Einsatz, um Keller auszupumpen und Straßen abzusichern. Im Pilgerheim müssen aus Haus Emaus 13 Flüchtlinge evakuiert werden, ein Statiker untersucht am Vormittag, ob das Gebäude erhalten werden kann: Der Weltersbach hat sich in der Nacht mit aller Macht einen Weg durchs Haus gebahnt. Aus Haus Tabea mussten sieben Senioren evakuiert werden, in Haus Bethesda ist das Erdgeschoss unbewohnbar. Die angrenzende Straße ist unterspült und unbefahrbar, das Wasser trägt ein Auto in den Graben.
„Ich bin seit 1975 bei der Feuerwehr, so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt Siegmund Pelz, technischer Leiter im Pilgerheim Weltersbach. Vier von sechs Häusern im Dorf sind beschädigt. In der Gemeinschaftshalle steht der Schlamm zeitweise zwei Meter hoch, Klavier und Orgel in der angrenzenden Kirche werden kaum noch zu retten sein. „Das Wasser kam von allen Hängen“, beschreibt Pelz die Lage in der Nacht. Im Dorfkern wurde eine Brücke komplett zerstört, zwei weitere sind beschädigt. „Wir sind vor allem froh, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist“, sagt Pilgerheim-Leiter Joachim Noss sichtlich mitgenommen, und dankt den freiwilligen Helfern, die am Morgen anpacken: Mit Schaufeln und Schneeschiebern versuchten sie, den Matsch- und Lehmmassen Herr zu werden.
Im Seniorenzentrum Hasensprungmühle muss in der Nacht der Neubau für betreutes Wohnen geräumt werden. Dort steht das Wasser bis zur Küche des Hauptgebäudes. „Wir haben zwei neuralgische Punkte: den Weltersbach und den Murbach“, sagt Thomas Knabbe, stellvertretender Bürgermeister. Der Weltersbach läuft an den Wohnheimen vorbei unterirdisch unter dem Kreisverkehr am Germaniabad durch. Dort steht nicht nur der Parkplatz des Lidl-Discounters unter Wasser, auch die Paul-Klee-Schule ist in Mitleidenschaft gezogen. Auf Facebook heißt es, es sei ein Millionenschaden entstanden, die Schule müsse vorerst geschlossen bleiben. In der Stadt laufen 300 Keller voll, eine Schlammlawine blockiert die Straße zwischen Unterberg und Eicherhof. In Eichen und Büscherhöfen hält der Stromausfall am Sonntag noch an, am Kreisverkehr an der Kirchstraße steht der Matsch kniehoch.
160 Rettungskräfte versuchen gestern, die Lage in den Griff zu bekommen, der Bauhof hat sämtliche Geräte und Fahrzeuge im Einsatz. Die Stadt wird den Schutt und Lehm in den nächsten Tagen abfahren. Sie bittet am Vormittag die Bürger, den Dreck aus den Vorgärten nicht auf die Straße zu schaufeln, „weil sonst die Kanäle beim nächsten Regen sofort wieder verstopft sind“.
Wie das Unwetter ist auch die Hilfsbereitschaft groß: Auf Facebook erkundigen sich Bürger, wo sie Essens- und Getränkespenden für Helfer abgeben können, bieten Wasserpumpen an. Die Feuerwehr dankt, bittet aber, nicht bei den Gerätehäusern vorbeizuschauen und Hilfe anzubieten: „Helft euren Nachbarn. Helft euren Freunden, Verwandten und euren Familien.“ Sie hat auf dem Edeka-Parkplatz an der Trompete eine Sammelstelle für Einsatzhelfer und Fahrzeuge eingerichtet, damit die Hilfe koordiniert ablaufen kann.