Landesjugendorchester in der Tonhalle Die Besten im Lande

Düsseldorf · Das Landesjugendorchester ist ein großartiger Spiegel der Musikförderung in NRW. Am 14. April gastiert es mit Solistin Anne-Cathérine Heinzmann in der Tonhalle.

Tritt in Düsseldorf auf: Anne-Cathérine Heinzmann.

Foto: WILDUNDLEISE.DE

Als kleines Mädchen wickelte sie gedankenverloren das herabhängende Blatt einer Zimmerpflanze um ihren Finger, während ihr Vater in einer Berliner Altbauwohnung Querflöte übte. „Ich kann gar nicht sagen, dass ich so viel zugehört hätte, aber ich habe mich einfach wahnsinnig gerne in diesem Raum aufgehalten. Ich glaube, da habe ich mich in den Klang der Flöte verliebt“, erinnert sich Anne-Cathérine Heinzmann.

Das liegt in der Familie, die so musikalisch ist, wie sich das nur denken lässt. Die Großmutter war Sängerin, die Mutter Geigerin. Schon ihr Großvater und ihr Vater waren professionelle Flötisten, Letzterer im NDR-Sinfonieorchester in Hamburg. Heute ist Anne-Cathérine Heinzmann Mutter zweier Kinder und gilt längst selbst als Meisterin auf dem Instrument, mit vielfältiger Konzerttätigkeit im In- und Ausland: als leidenschaftliche Kammer­musikerin und Pädagogin zudem, mit einer Professur an der Folkwang-Universität der Künste.

Am 14. April (18 Uhr) spielt sie in der Tonhalle Düsseldorf das wunderbar farbenreiche Flötenkonzert des dänischen Komponisten Carl Nielsen, begleitet vom Landes­jugendorchester (LJO) unter der Leitung von Daniel Johannes Mayr. Das Spätwerk aus dem Jahr 1926 gehört zum Standardrepertoire großer Solisten. Eröffnet wird das nordisch geprägte Konzertprogramm von Nielsens grandioser „Helios“-Ouvertüre.

Wie sehr sich das LJO bei allem frischen Schwung an professionellen Maßstäben orientiert, dürfte nach der Pause besonders deutlich hervortreten. Dann gilt es einen sinfonischen Brocken zu stemmen: die 2. Sinfonie D-Dur von Jean Sibelius, deren lichtvoll sanglicher Ton sich zu intensiver Hymnik steigert. Sie gilt als die populärste der sieben Sinfonien des finnischen Komponisten.

Das Durchschnittsalter des LJO liegt bei 17 Jahren. Mehr als 3000 junge Musikerinnen und Musiker haben diese besondere Form der Exzellenzförderung durchlaufen, seit das Orchester vor 54 Jahren als „Rheinisches Jugendorchester“ auf dem Petersberg bei Königswinter gegründet wurde. Mit welchem Erfolg, zeigt ein Blick auf die Liste der Ehemaligen. Viele sind heute Mitglieder in namhaften Klangkörpern, vom Bayerischen Staatsorchester bis zu den Berliner Philharmonikern, von den Rundfunkorchestern bis zum Leipziger Gewandhaus.

So gerne sich die Landespolitik heute mit dem LJO schmückt, erfolgte seine Gründung weder auf höheres Geheiß noch als offizielle kulturpolitische Maßnahme. Der zündende Funke ging vielmehr von dem Pausengespräch eines Musikers und eines musikbegeisterten Mathematikers aus, im Rosengarten von Schloss Kalbeck. Emil Platen und Hans Josef Menke waren die Gründer und Lenker der ersten vier Jahrzehnte.

Manches fehlte zur Erstausstattung des jungen Orchesters. Es gab weder ein Büro noch Mitarbeiter. Kurios verlief die Suche nach einem zweiten Kontrabassisten: Sie führte zu einem Enddreißiger, der nicht einmal dann als Heranwachsender durchgegangen wäre, hätte man ihn in einen Kieler Matrosenanzug gesteckt. Bei öffentlichen Auftritten wurde er bewusst im Hintergrund platziert. Neben die vielen fröhlichen Erinnerungen von Arbeitsphasen und Auslandsreisen treten manchmal auch traurige, zum Beispiel das Abschiedskonzert des langjährigen Dirigenten Martin Stephani, der das „Requiem“ von Giuseppe Verdi – von Krankheit gezeichnet – buchstäblich unter Aufbietung seiner letzten Kräfte leitete. Wichtig für das Überleben des Orchesters ist die Unterstützung durch das NRW-Kulturministerium, den Landesmusikrat NRW, das Kultur­sekretariat, den WDR und andere Vereine und Stiftungen. Der Förderkreis und die Patenschaft mit dem WDR-Sinfonieorchester spielen ebenfalls eine große Rolle. Gleichwohl bleibt die Finanzierung ein Dauerproblem. Es braucht Überzeugungstäter, um die Idee eines Orchesters am Leben zu erhalten, das sich ständig regeneriert. Das reift, ohne älter zu werden.