„Lieblingsplatte“-Festival im Zakk Bands spielen Alben mit Legendenstatus

Düsseldorf · Das Lieblingsplatte-Festival im Zakk steckt wieder voller Überraschungen und bietet ein Programm von Punk bis Hip-Hop.

 Der Rapper Toni L bringt am 15. Dezember seine Platte „Der Funkjoker“ mit.

Der Rapper Toni L bringt am 15. Dezember seine Platte „Der Funkjoker“ mit.

Foto: Zakk

„Lieblingsplatte“ ist eines der planungsintensivsten Festivals in der Musiklandschaft. Sein Konzept beruht auf der Einzigartigkeit der Konzerte: Jede Band spielt ein Album aus ihrer Karriere, das mittlerweile Legenden-Status besitzt oder zumindest sehr einflussreich war. Da die Musikindustrie am liebsten auf standardisierte Abläufe setzt – Bands machen ein Album und gehen dann mit selbst gebauten Setlists auf Tour –, lässt sich ahnen, wie viel Überzeugungsarbeit nötig ist, um davon abzuweichen.

Der künstlerische Leiter von „Lieblingsplatte“ im Zakk, Miguel Passarge, hat es schon mehrfach geschafft: Er hat Bands, die sich bereits aufgelöst hatten, dazu gebracht, sich wieder zusammenzutun: Blumfeld spielten im Zakk in der Urbesetzung ihr Album „Ich-Maschine“. Gruppen, die sonst in wesentlich größeren Hallen spielen, haben im Zakk ein Kultwerk aufgeführt, etwa The Notwist oder Element of Crime. Auch die sechste Ausgabe, die vom 10. bis 17. Dezember über die Bühne geht, steckt wieder voll von solchen Überraschungen.

Östro 430

Nicht nur in Punk-Kreisen hat die reine Frauen-Band Östro 430 Legenden-Status. Sie gehörten zur zweiten Welle von Düsseldorfer Punkbands, die sich Ende der 1970er-Jahre in der lebendigen Szene um den Ratinger Hof bildeten. Sänger Campino von den Toten Hosen erinnert sich an einen Auftritt von damals: „Sie waren auf eine gute Art selbstsicher und frech und hatten so eine Power, dass es gar keine E-Gitarren brauchte, um die Kids zum Pogen zu bringen. Vier junge Frauen standen auf der Bühne und ballerten einfach los. An diesem Abend sind sie wohl den Fehlfarben aufgefallen, die sie daraufhin einluden, mit ihnen zusammen auf Tournee zu gehen.“ Im Zakk tut sich die Band um Frontfrau Martina Weith am 10. Dezember wieder zusammen, um ihr Debüt „Durch dick und dünn“ aufzuführen, das 1981 auf dem Neusser Label Schallmauer erschienen ist.

To Rococo Rot

To Rococo Rot sind eine Berlin-Düsseldorfer Supergroup der Elektronischen Musik, die sich 1995 eigentlich als reines Studioprojekt gründeten. Stefan Schneider, zu dieser Zeit Bassist bei Kreidler, fuhr damals nach Berlin, um mit den Brüdern Ronald und Robert Lippok die Musik zu einer Ausstellung zu produzieren. Das Projekt wuchs zu Albenlänge heran und bald winkte ein Plattenvertrag beim Berliner Label Kitty Yo. Ihr Sound trifft einen Nerv der Zeit, ist einerseits abstrakt und konzeptuell und andererseits doch clubkompatibel. Er wird dem Genre Post-Rock zugeordnet, das Mitte der 1990er-Jahre mit Bands wie Tortoise, Mouse On Mars oder Sigur Rós seinen Höhepunkt erreicht. Im Zakk setzen To Rococo Rot, die sich eigentlich vor sechs Jahren aufgelöst haben, am 12. Dezember ihr Opus Magnum „The Amateur View“ wieder zusammen. Dafür haben sie extra alte Tapes digitalisiert.

Peaches

Nachdem bekannt wurde, dass bei Festivals wie Rock am Ring nur zwei Prozent der auftretenden Musiker weiblich sind, wird der Ruf nach Geschlechtergerechtigkeit im Musikbusiness immer lauter. Auch Passarge sagt: „Das ist ein großes Thema bei uns und mir auch persönlich wichtig.“ Mit Peaches aus Kanada hat er am 13. Dezember einen zweiten, sehr starken, auch provokativen weiblichen Act im Programm. Nachdem die Sängerin in die Berliner Electro-Szene eintauchte, brachte sie 2002 „The Teaches Of Peaches“ heraus. Das Album ist heute so aktuell ist wie vor 20 Jahren, als es visionär war. Es geht um das Spiel mit Geschlechterrollen und stößt das Fenster für eine neue, feministische Pop-Perspektive auf.

Toni L

Keine Lieblingsplatte-Ausgabe ohne Hip-Hop. Dieses Jahr ist der Rapper Toni L dabei und bringt am 15. Dezember seine Platte „Der Funkjoker“ mit. Auf ihr hat der Heidelberger Musiker sein Alter Ego gefunden und führt das Album mit großer Funk-Band und Gästen wie Torch auf. Mit Torch zusammen rappte er Anfang der 1990er-Jahre ein legendäres Album lang als Band namens Advanced Chemistry und stellte einen Gegenentwurf zum „Spaß-Rap“ der Fantastischen Vier dar. Sie stehen für so genannten „Conscious Rap“ und thematisierten in ihren Stücken „Fremd im eigenen Land“ und „Operation § 3“ Themen um die Identitätsfindung von Menschen mit Migrationsbiografie, die heute aktueller denn je sind.

Phillip Boa

Zu den ganz wenigen Bands aus dem Ruhrgebiet, die sogar internationale Bekanntheit erlangten, gehören Phillip Boa And The Voodooclub. „Boa ist einer der interessantesten und komplexesten Künstlerpersönlichkeiten unseres Landes“, findet Passarge. „Seine Karriere umfasst bald 40 Jahre, in denen er unablässig kreativ ist, Platten veröffentlicht und neue Musikstile in seine Kompositionen integriert. Gestartet als New-Wave- und Indie Band, hat er von afrikanischer Voodoo-Kultur, Filmmusik und Free Jazz viele Ansätze in seine Kompositionen integriert.“ Bei Lieblingsplatte spielen Phillip Boa And The Voodooclub am 17. Dezember das Album „Helios“, das 1991 erschien, als sie eine Institution der Indie- und New-Wave-Szene waren.