„Rhineland independent“ in Düsseldorf Symposium beleuchtet private Kunstsammlungen aus der Region
Düsseldorf · Ein zweitägiges Symposium beschäftigte sich mit der Region Düsseldorf als Magnet für private Galerien und Museen.
Die Langen Foundation logiert mit einem architektonischen Schmuckstück in der grünen Wiese vor Düsseldorf. Gil Bronner hat im Arbeiterviertel eine ehemalige Glasmanufaktur in ein kultiges Ausstellungshaus verwandelt. Die Oldenburger Unternehmerin Monika Schnetkamp hat den Medienhafen für ihre galerieartigen Räume ausgewählt, und Julia Stoschek, intelligentestes It-Girl der Kunst, hat das charmante Oberkassel als Standort für ihr modernistisches Museum der Medienkunst auserkoren.
Diese Ansammlung von privat geführten und finanzierten Kunststandorten ist weit über die Grenzen des Landes Nordrhein-Westfalen hinaus einmalig. Genau genommen könnte man noch Thomas Schüttes Skulpturenhalle in Neuss dazurechnen wie den ebenso von einem weltbekannten Künstler geführten Skulpturenpark von Tony Cragg in Wuppertal.
Das Rheinland brummt nur so vor Kunst, was nichts Neues ist, aber durch die zunehmende Berlinpräsenz des pilgernden Kunstvolks und durch die finanziellen Rekord-Investitionen in anderen europäischen Ballungsräumen (etwa Louis Vuitton in Paris) immer mal wieder in den Hintergrund tritt. Ein zweitägiges Symposium „Rhineland Independent“ hat nun internationale Experten zusammengerufen, die das Thema Kunst-Ausstellen als Privatunternehmung vielfach beleuchteten.
Private Kunstsammlung in
eine Shopping Mall gesetzt
International ist ein Boom im 21. Jahrhundert zu verzeichnen, doch die Heterogenität ist unübersehbar. Während manche Privatsammlungen in exklusiven Architekturtempeln untergebracht sind, hat man im indischen Neu-Delhi eine private Kunstsammlung in eine Shopping Mall gesetzt. Der Grad der Professionalität ist dabei genauso Untersuchungsgegenstand wie auch die Frage von Motivation und Antrieb.
Sammeln Sammler, weil ihre Eltern es schon so machten, oder was treibt sie an? Erbe, Berufung, Leidenschaft? Warum sammelt ein Privatunternehmer, wenn er doch keinen Gewinn erwirtschaftet, der sich in Summen niederschlagen würde? Ist persönliche oder unternehmerische Profilierung so wichtig wie ein Gewinn? Stecken Steuerabschreibungsmodelle dahinter? Klarer wurde nach zweitägigen produktiven Auseinandersetzungen: Die Düsseldorfer Sammler handeln aus Leidenschaft, ohne Gewinnabsichten und mit einem selbst gestellten gemeinnützigen Auftrag. Deshalb haben die vier geschäftsführenden Kunsthistorikerinnen das Symposium auch „Between Passion and Mission“ („Zwischen Leidenschaft und Sendungsbewusstsein“) genannt und durch die kluge Auswahl der Referentenschar ein breites Meinungsbild ermöglicht. Für die Veranstaltung erwies sich das Kunsthaus Philara von Gil Bronner dank seiner Größe und Funktionalität als perfekte Bühne. Mehr als 100 Teilnehmer kamen, darunter Museumsdirektoren und Galeristen, Kunstvereinschefinnen, Kuratorinnen und Kuratoren – sogar aus Berlin. Auch die seit dem Jahr 1962 in Düsseldorf ansässigen Kunstsammler und -stifter Cary und Dan Bronner saßen im Publikum, um aufmerksam den Diskursen auf der Bühne zu folgen.
„Wir sammeln alle aus Leidenschaft“, sagte Sabine Langen-Crasemann in der Podiumsdiskussion; sie versteht die Sammlung der Langen Foundation als Familienerbe. Sie habe sie von ihrer Mutter übernommen, die ein Leben lang gesammelt habe. Crasemann weiß sie wiederum bei ihrer Tochter Karla Zerressen in guten Händen. Alle Institutionen sind gemeinnützig, erhalten keine Zuschüsse für den Betrieb ihrer Häuser, fördern Künstler und teils Stipendiaten.
Bei Julia Stoschek in Oberkassel gibt es einen Forschungsstandort für die Recherche und ein digitales Archiv der Sammlung. „Im Rheinland gehört Kunstgucken zum Leben“, sagt die Sammlerin, die auch in Berlin präsent ist. Alle Altersgruppen kommen, so Stoschek, sie sei überwältigt, wie man das Haus für Medienkunst aufgenommen habe.
Gil Bronner ironisiert seine Sammelleidenschaft als „biografische Schädigung“, tatsächlich will auch er einmal seine exquisite Kollektion in die Hände seiner Kinder Philip und Lara übergeben, deren Namen in „Philara“ verewigt sind. Schön wäre es, so der erfolgreiche Immobilienunternehmer, wenn noch mehr Menschen den Weg nach Flingern fänden, um zeitgenössische Kunst anzuschauen.
Fest steht: Alle Ausstellungsorte könnten noch mehr Aufmerksamkeit vertragen. Gerade jetzt nach dem Corona-Loch tut Hilfe not. Da ist die Stadt gefordert: Früher trieb das Kulturdezernat mit der Quadriennale alle vier Jahre die Menschen an die entlegensten Kunstorte. Irgendwann hörte das einfach auf.
Da parallel der Reiz der Museumsnächte verblasst, müsste man neue Formate erfinden, die regional und international Kunstpilger anlocken. Der Wert dieser Sammlungen – neben den Museen und Galerien – ist für die Stadt unvergleichlich, sie ist ein strahlender Premium-Standort der Kunst. „Mauerblümchen ist was anderes“, brachte es Moderator Michael Köhler auf den Punkt.