Abschiebung nach zwölf Jahren: Petition für Tunesier - Tufi und Sanda sollen bleiben

Nach zwölf Jahren soll das Ehepaar mit seinen zwei Kindern abgeschoben werden. Freunde und Kollegen wollen das verhindern.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Ihre Geschichte ist nicht die von verfolgten Kriegsflüchtlingen. In ihrer Heimat drohen ihnen nicht Tod, Gewalt oder Verfolgung. Ihre Geschichte erzählt von dem Traum, etwas zu erreichen, von Enttäuschung und vom Kämpfen. Mehr als zwölf Jahre ist es her, dass Taoufik Moussa aus Tunesien nach Deutschland kam. Sanda, die mittlerweile seine Frau ist, kam etwas später, wann, das weiß er nicht mehr so genau. Zusammen haben sie sich in Düsseldorf ein gemeinsames Leben aufgebaut, zwei Kinder bekommen. Doch nun soll das vorbei sein.

Foto: Moussa

„Der erste Brief kam 2012“, erinnert sich der 37-Jährige. Seine Frau wurde darin informiert, dass ihr Studentenvisum nicht mehr weiter verlängert werden würde, dass sie ausreisen solle. Da war der kleine Elyan schon zwei Jahre alt. Bis dahin haben beide immer wieder ihre Aufenthaltsgenehmigungen verlängert — beide kamen zum Studieren nach Deutschland. Doch offenbar dauerte das Studium zu lange. Seit dem ersten Brief sind noch viele dazugekommen, die die beiden in einem dicken roten Ordner aufbewahren.

Angekommen war Taoufik Moussa, den hier alle nur Tufi nennen, im März 2004 — alleine in Saarbrücken. Dort lebte er bei einer Freundin seiner Mutter. Die Beziehung zu Sanda zerbrach — zu weit war die Entfernung. Doch dann rief sie auf einmal an, sie sei auch in Deutschland. Ein Treffen reichte aus und die beiden waren wieder ein Paar. Gemeinsam zogen sie nach Düsseldorf, um dort weiter zu studieren.

Und dann kam Elyan. Das war 2010. Studieren und gleichzeitig eine Familie zu ernähren, wurde immer schwieriger. Denn Kindergeld oder andere Leistungen beziehen die Moussas nicht. Taoufik Moussa konzentrierte sich aufs Geldverdienen. Das Studium rückte in den Hintergrund.

Steuern hat er fast die ganze Zeit bezahlt, die er hier in Deutschland lebt. „Ich bin noch nicht mal schwarzgefahren“, sagt er. Umso größer ist nun die Enttäuschung. Denn das Verwaltungsgericht hat die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt — sie sollen ausreisen.

„Sicher fühlen wir uns dadurch irgendwie unerwünscht“, sagt Moussa. Wäre er alleine, hätte er sich wahrscheinlich schon längst auf den Weg zurück nach Tunesien gemacht.

Doch das ist keine wirkliche Option. Elyan geht inzwischen in die zweite Klasse, hat einen großen Freundeskreis — und spricht kein Wort arabisch. „Ich mache das hier alles nur für meinen Jungen“, sagt Taoufik Moussa. In Tunesien — so glaubt der Vater — würde der Kleine untergehen.

Auch sein Umfeld kann gar nicht glauben, dass die kleine Familie abgeschoben werden soll. Da sind Kathrin Dahmen, Mutter eines Klassenkameraden von Elyan und Eike Brand, Taoufik Moussas Chef im „Cøffe“ am Carlsplatz, wo der Tunesier seit einem halben Jahr als Barista arbeitet und eine Ausbildung macht. Beide machen mobil, um die Abschiebung der Familie zu verhindern. „Tufi ist für mich unersetzlich“, sagt Brand, „die ganze Sache ist einfach nicht fair.“ Weder als Mitarbeiter noch als Mensch könnte jemand Moussa ersetzen.

Kathrin Dahmen hat eine Petition gestartet, „Sanda & Tufi gehören nach Düsseldorf - unsere Freunde müssen bleiben!“ heißt die. Ständig erhöht sich die Zahl der Unterzeichner. Mehr als 35.000 sind es mittlerweile. Die Petition richtet sich direkt an den Oberbürgermeister. Und da hat sie offenbar auch schon Gehör gefunden. „Wir wissen von der Petition. Der OB war sehr betroffen, als er davon gehört hat“, sagt Miriam Koch, die mittlerweile die Ausländerbehörde leitet. Er wolle auch selbst eingreifen und der Familie helfen. Das Problem sei, dass es tatsächlich ausländerrechtlich keine Grundlage gebe, warum die beiden bleiben können. Chancen für das Paar seien nun noch vor einer Härtefallkommision vorstellig zu werden.

Zudem gebe es auch im Aufenthaltsgesetz einen Paragrafen, der einen „Verwurzelungsaspekt“ mit einbeziehe. Hier heißt es, dass einem geduldeten Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden solle, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik integriert habe — das gelte aber eigentlich nicht für Studenten. Wie groß die Chancen sind, dass Moussa und seine Familie bleiben können, darüber will Miriam Koch keine Aussage treffen. Da aber momentan noch ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht laufe, müssten sie nicht damit rechnen, dass die Ausländerbehörde bald vor der Tür stehe. Es fehle einfach eine rechtliche Grundlage, findet Koch. Eine, die den Aufenthalt von so gut integrierten Familien wie dieser regelt.