Abschreckung: Polizei zeigt Unfall-Wracks
Ein Ortstermin vor dem Blitzmarathon demonstriert, wozu hohes Tempo führen kann.
Düsseldorf. Der schwarze BMW sieht aus wie ein modernes Kunstwerk. Die Windschutzscheibe ist ein Geflecht von Rissen, die Motorhaube ein Knäuel Blech. Darunter erahnt man den Motor, ansonsten hängt ein Gewirr aus Leitungen und Kabeln heraus. Das rechte Vorderrad fehlt komplett. Das Wrack steht seit einem Crash im Februar in der Sicherstellungshalle auf dem Gelände eines Abschleppdienstes an der Völklinger Straße. Vor dem Blitzmarathon am Donnerstag hat die Polizei diese Halle jetzt einmal geöffnet, um an realen Beispielen zu zeigen, wie verheerend der berühmte Bleifuß sein kann.
Denn im Fall des 286 PS starken BMW, den sein erst 21 Jahre alter Fahrer am 21. Februar an der Rotterdamer Straße zerlegt hat, ist es wohl vor allem der Uhrzeit zu verdanken, dass kein Fußgänger oder Radfahrer unter die Räder kam. Um 1.50 Uhr schleuderte der Wagen von der Fahrbahn, verschob vier massive Betonpoller, beschädigte einen Lichtmast — über 90 Meter verteilt fand die Polizei Spuren. „Es ist ein laufendes Verfahren. Aber man kann sagen, dass der Fahrer deutlich über dem Tempolimit war“, erklärt Gundolf de Riese-Meyer, Leiter des Verkehrskommissariats.
Der 21-Jährige und seine Beifahrerin (19) wurden bei dem Unfall leicht verletzt. „Sie sind glimpflich rausgekommen — aber das war nur Zufall“, weiß der Experte. Ein Baum an der falschen Stelle, ein leicht veränderter Winkel — und beide hätten sterben können.
Einen 55-Jährigen, der am 11. April in Hassels in einen Unfall verwickelt war, rettete indes die stabile Fahrerkabine seines VW Golf. Denn die Motorhaube des roten Autos ist bis unter die Windschutzscheibe zusammengepresst wie ein Akkordeon. Am Schönenkamp schleuderte ein entgegenkommendes Auto frontal in den VW. „Der Motor ist nicht mehr zu erkennen“, erklärt Gundolf de Riese-Meyer. „Vor 30 Jahren wäre so ein Unfall tödlich gewesen.“ So wurden der 55-Jährige und auch der 20-jährige Verursacher leicht verletzt.
De Riese-Meyer leitet auch das Unfallaufnahmeteam der Düsseldorfer Polizei, das seit fünf Jahren zu jedem Crash mit Toten und Schwerverletzten, beteiligten Kindern oder im Falle einer Unfallflucht mit Verletzten rausfährt. Die Ermittler arbeiten gründlich, aber schnell — denn anders als der Tatort eines Verbrechens muss eine Straße schnellstmöglich wieder freigegeben werden. „Wenn wir das Spurenbild aufnehmen, kann auch Recht gesprochen werden“, erklärt der Leiter. Die Schadensregulierung erfolge inzwischen oft binnen eines Jahres — gewöhnlich warteten Unfallopfer sonst jahrelang auf ihre Entschädigung. De Riese-Meyer ist aber auch derjenige, der im schlimmsten Fall die Nachricht an die Familie überbringt und sagt: „Das will ich nicht mehr. Ich will keine Angehörigen mehr trösten müssen.“ Und auch wenn zu hohes Tempo nicht für jeden schweren Unfall die Ursache ist: „Geschwindigkeit ist immer verantwortlich für die Folgen des Unfalls“, macht der Unfallteam-Chef deutlich.