Geschichte Als die Briten in Düsseldorf regierten
Düsseldorf · Der Landtag eröffnet in einer neuen Ausstellung unterschiedliche Perspektiven auf das Zusammenleben der Menschen in Nordrhein-Westfalen mit den britischen Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir haben mit Hilfe des Stadtarchivs Bilder zum Thema zusammengestellt.
Sarah Gilbert ist 81 Jahre alt und lacht beim Anblick einer schlechten Note aus ihrer Schulzeit. „Englisch: mangelhaft“ steht in dem Zeugnis des Schloss-Gymnasiums. Eine Fünf für das einzige britische Mädchen an der Schule zeigt in vielerlei Hinsicht, wie konfus und herausfordernd der Alltag im Nachkriegsdeutschland war.
Das Zeugnis ist Exponat in der Ausstellung „Briten in Nordrhein-Westfalen 1945-2019“, die Landtagspräsident André Kuper und die Baroness Falkner of Magravine, Mitglied des britischen House of Lords, am Dienstag eröffnet haben. Sarah Gilbert besuchte die Schau mit Franka, der Enkelin ihrer ersten deutschen Freundin, und erzählte viele Geschichten aus dem Düsseldorf der späten 40er Jahre. Weil so viele Gebäude zerstört waren, wurden die Kinder in Benrath im Schloss unterrichtet: In der einen Wochen vormittags die Jungs und nachmittags die Mädchen, in der Folgewoche andersherum. In den harten Wintern der Zeit konnten die Kinder über den Schlossteich in die Klasse schliddern. Und am Ende ihrer Düsseldorfer Zeit erhielt Sarah Gilbert ein deutlich erfreulicheres Papier: einen sehr netten Brief ihrer Lehrerin, den alle Mitschüler unterschrieben hatten.
Die Ausstellung beschäftigt sich mit 74 Jahren der Beziehungen, die Nachkriegszeit bildet deren ersten Teil. Die Erinnerungsstücke aus allen Zeiten sind in MFO-Boxes zu sehen, den Holzkisten, mit denen die britischen Soldaten ihre Sachen bei Umzügen transportierten. Die weitere Stationen der Ausstellung behandeln das wachsende Miteinander, das Militär in der Gesellschaft und die Frage „Was bleibt?“.
Den Anfang dieser Beziehung sieht man in den Bildern auf dieser Seite. Die Briten kamen als Sieger, die zunächst klare Zeichen ihrer Autorität setzten. Sie hielten Paraden ab und sorgten dafür, dass genügend deutsche Zuschauer dabei waren. Britische Siedlungen gab es zunächst noch nicht. Für die britischen Familien mussten in einer zerstörten Stadt wie Düsseldorf Unterkünfte gefunden werden, deshalb beschlagnahmten die Briten Häuser oder ganze Straßen. Aus dieser Zeit stammt ein Plakat mit der Aufschrift „My Home Is My Castle“, mit dem Deutsche nachts heimlich ihren Protest ausdrückten.
Erst die persönlichen Begegnungen veränderten die Beziehungen. Für Düsseldorf spielte in diesem Zusammenhang die Bürgermeisterin von Reading eine große Rolle. Phoebe Cusden erhielt damals den Bericht, wie schlecht es den Bürgern und insbesondere den Kindern in Düsseldorf ging. Sie reiste nach Düsseldorf, half Hungernden und Wohnungslosen und lud sechs Kinder ein, Reading zu besuchen. Aus diesen Besuchen wurde eine Städtepartnerschaft, die bis heute gelebt wird.