Special zum Brexit: Britische Kultur in Düsseldorf Was Düsseldorf und die Briten verbindet
Düsseldorf · Das Brexit-Drama läuft weiter. In Europa wie auf der Insel herrschen Unsicherheit und Frust. Düsseldorf pflegt seit der Nachkriegszeit eine besonders enge Bande zum Vereinigten Königreich: dank der Deutsch-Britischen Gesellschaft. Aber auch britische Kulturschaffende leben und wirken in der Rhein-Metropole.
Einen festen Sitz hat sie nicht, die Deutsch-Britische Gesellschaft in Düsseldorf. Nur eine Bronze-Tafel am Carsch-Haus in der Altstadt zeugt davon, dass sie in der NRW-Landeshauptstadt gegründet wurde. 1949 war das, der Taufname lautete „Deutsch-Englische Gesellschaft“. Bis 1982 fand sich ihre Hauptgeschäftsstelle in Düsseldorf, dann zog sie nach Bonn, 1998 schließlich nach Berlin.
Ins Leben gerufen wurde die Deutsch-Britische Gesellschaft von Lilo Milchsack, der Frau des Reeders Hans Milchsack aus Wittlaer. Hans Milchsack engagierte sich im Düsseldorfer Industrie-Club, wurde Bürgermeister von Wittlaer, pflegte gute Kontakte. Auch zu Robert Birley, dem Berater der britischen Militärregierung in Erziehungsfragen. Unter seiner Regie sind nach dem Zweiten Weltkrieg die deutsch-englischen Beziehungen neu gestaltet worden. Als ein Freund Deutschlands, legte Birley viel Wert auf friedliche Beziehungen zwischen den zuvor verfeindeten Völkern. Die Basis hatten die britischen Besatzer geschaffen. Nach dem Krieg diente ihnen Düsseldorf als Machtzentrale im westlichen Rheinland. Mit der Mission „Operation Marriage“ (Operation Hochzeit) haben sie 1946 das Bindestrich-Land Nordrhein-Westfalen erfunden.
Um die Völkerverständigung voranzutreiben, hat Lilo Milchsack 1951 eine erste Konferenz zwischen hochrangigen Briten und Deutschen einberufen. Seinerzeit in ihrem Haus in Wittlaer, später in Königswinter – noch heute findendiese Konferenzen abwechselnd in Berlin oder Oxford / Cambridge statt. Die „Königswinter Konferenz“ ist zu einem Meilenstein deutsch-englischer Diplomatie nach dem Zweiten Weltkrieg avanciert, die kommende Veranstaltung im April wird sich um den Brexit drehen.
Zum 70. Geburtstag, den die Deutsch-Britische Gesellschaft jüngst im Landtag feierte, warten besonders große Herausforderungen. Zwar ist das ursprüngliche Brexit-Datum am 29. März erst einmal verschoben worden. Doch Peter Brock, der erste Vorsitzende der anglophilen Organisation in Düsseldorf, glaubt, dass die Briten bei ihrem „Leave the European Union“ bleiben werden. Der 52-jährige Banker bedauert den Brexit: „Viel lieber wäre uns gewesen, mit den Briten innerhalb von Europa zusammenzuarbeiten. Traurig ist, wie das alles von Anfang an gelaufen ist. Ex-Premier David Cameron hat das Referendum zum Brexit angestoßen, weil er seine Conservative Party einen wollte. Das war ein Fehler, weil es nicht zur Einigung der Partei geführt und sich auch nicht positiv auf Europa ausgewirkt hat.“ Vor allem die Folgen eines ungeregelten Austritts wären für den Regierungsbezirk Düsseldorf enorm: Das Bruttoeinkommen würde laut einer Bertelsmann-Studie um 650 Millionen Euro jährlich sinken.
Blickt man allerdings auf die Geschichte der britisch-europäischen Beziehungen, zeigt sich: die Brexit-Debatte ist nicht neu. Bereits 1967 fragte der Labour-Abgeordnete John Mackintosh in seinem Vortrag bei der Deutsch-Britischen Gesellschaft im Kulturzentrum „Die Brücke“ hinter dem Carsch-Haus: „Gehört Großbritannien zu Europa?“
Unabhängig davon, wie das Brexit-Drama ausgehen wird, die Deutsch-Britische Gesellschaft wird weiterhin die Beziehungen zwischen beiden Ländern pflegen: kulturell, sportlich, schulisch. Bislang unterstützt sie Schüleraustausche mit dem Vereinigten Königreich, finanziert jährlich bis zu zwei Stipendien für Studenten der Heine-Uni, die nach Reading (seit über 70 Jahren Düsseldorfs Partnerstadt) gehen und zeichnet die beste Master-Arbeit in Anglistik an der Heine-Uni aus. Außerdem veranstaltet der Verein Vorträge in englischer Sprache im Goethe-Museum oder organisiert Theaterbesuche beim Shakespeare-Festival „Globe“ in Neuss.
Momentan zählt die Deutsch-Britische Gesellschaft in Düsseldorf 150 Mitglieder. Zwei Drittel sind Deutsche, ein Drittel Briten. Es könnten aber bald mehr werden. Denn seit dem Brexit-Referendum zieht es immer mehr Briten nach Düsseldorf: 173 ließen sich im vergangenen Jahr in der Rhein-Metropole einbürgern. Auch 14 britische Unternehmen haben sich mittlerweile in Düsseldorf angesiedelt.