Altstadt: Ursulinengasse - Knochensammler im Gewölbe
Jetzt werden die menschlichen Überreste an der Ursulinengasse geborgen. Dort sollen 15 Menschen liegen.
Düsseldorf. Jeden Morgen steigt Jost Mergen durch eine kleine Öffnung eine Leiter knapp vier Meter hinab in die Unterwelt Düsseldorfs. Seit hier vor ein paar Wochen bei Kanalbauarbeiten ein bisher unbekanntes Gewölbe entdeckt wurde, verbringt er jeden Tag damit, die Funde mit Zeichnungen und Fotografien zu dokumentieren. Die erste Knochenlage hat der Archäologe bereits geborgen.
In der kleinen Kammer kann dem Besucher mulmig werden. Circa zehn menschliche Schädel sind bis zum jetzigen Zeitpunkt von Gunnar Franke und seinem Kollegen Jost Mergen freigelegt worden. Die beiden Grabungstechniker gehen von etwa 15 Menschen aus, deren Gebeine in dieser Kammer liegen.
Rätsel gibt ihnen die Tatsache auf, dass die Knochen in keinerlei anatomischem Zusammenhang abgelegt wurden. Nach einer ordentlichen Beerdigung sieht diese Grabstätte nicht aus.
„Es hat den Anschein, als ob die Knochen einfach in dieses Loch hineingeworfen wurden. Beckenknochen liegen neben dem Gebiss, kleinere Skelettteile wie Fingerknochen haben wir bis jetzt noch gar nicht gefunden“, berichtet Projektleiter Franke.
Möglich sei aber, dass unter der jetzigen Erdschicht eine richtige Grabkammer liegt. Die Ausgrabungen sollen jedoch über den jetzigen Fundort hinaus nicht weiter ausgedehnt werden: „Sonst graben wir ja die ganze Altstadt um“, erklärt Franke, „und natürlich ist jede weitere Nachforschung auch eine Kostenfrage.“ Außerdem würden mögliche, bisher noch nicht entdeckte Schätze dadurch nicht verloren gehen: „Knochen sind tief unter dem Straßenniveau bestens konserviert.“
Wie alt die Gebeine sind, ist unklar. Jost Mergen schließt vom „Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert“ nichts aus. Mögliche Hinweise gibt es jedoch schon einige.
So wurden in der Kammer Keramik und ein kleines Apothekerfläschchen gefunden, dies könnte ein Hinweis auf die Zeit sein, in der die Ursulinen an der Gasse ein Spital betrieben. Und auch aus der Bauweise der massiven Mauer können Rückschlüsse auf das Alter der Funde gezogen werde.
Auffällig ist hierbei nämlich, dass zwischen den sauber geschichteten klassischen Ziegeln auch Basaltsteine zu finden sind. Eine derartige Mauerbauweise wurde oft im Mittelalter angewendet. Endgültig geklärt werden kann das Alter jedoch erst mit speziellen naturwissenschaftlichen Methoden, beispielsweise einer Radiokohlenstoffdatierung.
Doch bis alle Knochen freigelegt worden sind, werden die beiden Archäologen noch einige Zeit im Erdreich verbringen, während die Bauarbeiter vier Meter über ihnen die Kanalbauarbeiten fortsetzen.