Düsseldorf Antisemitismus-Verdacht: Lädt Open-Source-Festival Rapper wieder aus?

Düsseldorf · Festival-Macher in Düsseldorf sind in die Kritik geraten. Sie haben einen Künstler eingeladen, der durch massive Israel-Kritik auffällt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Philipp Maiburg ist Mitgründer des Open-Source-Festivals.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Die Macher des Open-Source-Festivals sind in die Kritik geraten, da sie mit Talib Kweli einen Musiker eingeladen haben, der eine Kampagne unterstützt, die zum Boykott Israels aufruft. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Um welche Organisation geht es? Die Bewegung „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (BDS) bewertet vor allem die Siedlungspolitik Israels sowie den Umgang mit den Palästinensern als verbrecherisch und spricht von einem Apartheidsregime, das isoliert werden müsse. Der Bundestag hat jüngst mit großer Mehrheit beschlossen, dass BDS-Unterstützer nicht mehr finanziell gefördert werden dürfen und „Methoden und Argumentationsmuster“ von BDS als antisemitisch eingestuft.

Dem gegenüber steht ein Aufruf von renommierten israelischen Wissenschaftlern, die dieser Einschätzung widersprechen und den Einsatz für die Umsetzung des Völkerrechts betonen, der auch von israelischen Gruppen unterstützt würde. Getroffen würden vom Entzug finanzieller Mittel zudem zum Teil angesehene, palästinensische Menschenrechtsorganisationen. Ähnlich argumentiert die Heinrich-Böll-Stiftung.

Der Rapper Talib Kweli war bereits für das Open-Source-Festival gebucht.

Foto: Dorothy Hong

Prominente Unterstützer von BDS sind etwa die Musiker Roger Waters und Peter Gabriel sowie der Schauspieler John Cusack.

Was hat die Debatte in Düsseldorf ausgelöst? Eine Düsseldorfer Literaturwissenschaftlerin hat ihre kritische Sicht auf den Rapper Talib Kweli in einem Schreiben etwa an Politiker, Stadtverwaltung sowie Festival-Macher zum Ausdruck gebracht. Sie fordert, den Künstler wieder auszuladen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Steuergeld ins Festival fließt, mehr als 100 000 Euro pro Jahr sind das. Die Düsseldorferin verweist neben der Nähe zu BDS auf antisemitische Äußerungen des Künstlers und nennt als Beispiel eine von ihm veröffentlichte Fotomontage, die einen mit Ku-Klux-Klan-Mitgliedern konfrontierten jüdischen Rapper zeigt.

Wie reagieren die Festival-Macher? Die Organisatoren sind von der Kritik an Kweli überrascht worden. Mitgründer Philipp Maiburg gesteht ein, dass ihm die Verbindungen zu BDS nicht bekannt waren, da er Kweli ansonsten nicht eingeladen oder zuvor zumindest um eine Stellungnahme gebeten hätte. Ob Kweli nun ausgeladen wird, soll davon abhängig gemacht werden, wie sich der Künstler zu den Vorwürfen äußert. Sein Management wurde angeschrieben, eine Antwort soll bis Ende der Woche abgewartet werden.

Zudem sagt Maiburg zu, insbesondere als Empfänger öffentlicher Mittel, die politischen Hintergründe potenzieller Künstler für das Open Source künftig genauer zu prüfen. „Wir haben gelernt.“ Zum Thema BDS soll es beim Festival zudem eine Diskussionsrunde geben.

Was sagt die Stadt als Geldgeber für das Festival? Sie hält sich mit einer Bewertung zurück und will zunächst die Stellungnahme des Künstlers und die daraus folgende Entscheidung des Veranstalters abwarten. Sie sagt aber auf Anfrage unserer Redaktion auch: „Als Zuschussgeber des Open-Source-Festivals wird sich die Stadt Düsseldorf am Beschluss des Deutschen Bundestages zur BDS-Bewegung orientieren.“

Wie engagiert sich Talib Kweli politisch? Der bislang vor allem für tiefgründige Texte bekannte Rapper war Teil eines musikalischen Projekts für Organisationen, die Aidskranke unterstützen und ihnen entgegengebrachte Vorurteile bekämpfen. Zudem engagiert er sich gegen Polizeigewalt und Rassismus. Doch letzteren sieht er auch in Israel, und setzte das Land in Twitter-Kommentaren mit einem Apartheidsstaat gleich und Zionisten mit Unterdrückern.

Wie gehen andere Konzertveranstalter mit Talib Kweli um? Kweli ist seit Jahren immer wieder in den Konzertsälen Deutschlands zu Gast. Das war etwa auch im Jugend-Kulturzentrum Conne Island in Leipzig der Fall. Bis zum Jahr 2016, als den Veranstaltern Kwelis Nähe zu BDS immer übler aufstieß. Als die Organisatoren schließlich keine Antwort auf einen Brief an die Agentur von Kweli bekamen, sagten sie das bereits angesetzte Konzert ab.

Fazit Talib Kweli hat mehr als genug dazu beigetragen, dass sein geplanter Auftritt auf der Kippe steht. Sollte er sich nun nicht sowohl differenziert in der Sache (und nicht nur mit Twitter-Sprüchen) erklären und eindeutig von antisemitischem Gedankengut distanzieren, bleibt dem Veranstalter keine Wahl. Er muss den Künstler ausladen. Der Bundestag gibt hier dem Geldgeber Stadt mit seinem aktuellen Beschluss eindeutig die Richtung vor.