Düsseldorf Open Source Festival Congress: Das waren die großen Themen

Düsseldorf · Zum ersten Mal gab es vor dem Musikfestival einen Kongress. Gäste mit unterschiedlichen Hintergründen diskutierten und referierten am Freitag auf der Galopprennbahn. Ein Überblick über zentrale Punkte.

Philosoph Richard David Precht sprach über die Zukunft der Arbeit.

Foto: Jan Wiefels

Das Open Source Festival ist wie ein guter, alter Bekannter: Man schätzt sich und verbringt einmal im Jahr gerne einen Tag miteinander. Bei dem Open Source Festival Congress war das Verhältnis im Vorfeld nicht so klar. Nach der Premiere am Freitag steht fest: Beide sind ähnlich locker und entspannt, aber der neue Bekannte ist deutlich tiefgründiger als der alte.

Bei dem Kongress haben auf der Galopprennbahn Unternehmer, Wissenschaftler und Aktivisten Vorträge gehalten und miteinander diskutiert. Die große Klammer war der Überbegriff Kreativität. Jedoch tauchten manche Themen immer wieder auf. Ein Überblick.

Zukunft der Arbeit Der wohl bekannteste Gast des Kongresses, der Philosoph Richard David Precht, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit den Veränderungen der Arbeitswelt. Eine zentrale These: Nach der ersten industriellen Revolution ab dem 18. Jahrhundert steht die Gesellschaft der zweite fundamentale Umbruch bevor. Ein großer Teil bisher selbstverständlicher Berufe — zum Beispiel im Bankgewerbe, in der Automobilindustrie und in Call-Centern — würde mit dem Fortschreiten der Digitalisierung wegfallen. Der radikale Umbau der sozialen Sicherungssysteme hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen sei angesichts dieser Entwicklung notwendig. „Das Grundeinkommen wird im übernächsten Wahlkampf ein Riesenthema sein, bei allen Parteien“, so Precht.

Zusammenleben Das gesellschaftliche Klima hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Auf eine bemerkenswerte Art geht der Autor und Aktivist Ali Can gegen rechtspopulistische Positionen vor. Der Sohn einer türkisch-kurdischen alevitischen Familie stellt sich unter anderem als „Migrant des Vertrauens“ in Fußgängerzonen und sucht den Dialog mit Personen, die Menschen aus anderen Kulturkreisen eher ablehnend gegenüber stehen. Man müsse dafür seinem Gegenüber zuhören, sich über Fragen und persönlichen Anekdoten annähern und dürfe nicht belehrend auftreten, so Can. Er appelliert, nicht zu resignieren, sondern sich einzubringen. Auch mit Frauke Petry, der früheren Vorsitzenden der AfD, habe er sich unterhalten können. „Auch wenn man Geduld braucht: Es lohnt sich, den Mensch hinter der Parole zu sehen“, sagt der 24-Jährige.

Ernährung Die Weltbevölkerung wächst und mit ihr der Konsum von Fleisch. Die industrielle Massentierhaltung verbraucht viele Ressourcen und schadet dem Klima. Peter Verstrate glaubt, eine Lösung für dieses Problem gefunden zu haben. Mit seinem Unternehmen MosaMeat produziert der Firmenchef kultiviertes — also künstliches — Fleisch. „Wir möchten Fleisch komplett ersetzen“, sagt er. Dass dieses Vorhaben aus seiner Sicht gelingen kann, verdeutlichte der Niederländer mit einem für Rheinländer nachvollziehbaren Beispiel: Bei der in seinem Heimatland populären Fleischrolle Frikandel könne der Verbraucher am Aussehen nicht erahnen, was die Inhaltsstoffe sind. Dennoch sei das Produkt seit rund 50 Jahren beliebt. Daher könnte auch kultiviertes Fleisch Erfolg haben. Mit Blick auf den Einfluss der Nahrungsmittelindustrie auf das Klima warb die US-Amerikanerin LinYee Yuan für mehr Diversität. „Überall auf der Welt gibt es zu jeder Jahreszeit gelbe Bananen zu kaufen“, sagt die Gründerin des Magazins „Mould“. Statt diese Gleichförmigkeit aufrechtzuerhalten, sollte die Industrie mehr regional unterschiedliches Essen zulassen.

Grenzen Im mehrfachen Sinne haben Magdalena Witty und Benedikt Ummen Grenzen überwunden. Beide sind 2017 zu einer 23 000 Kilometer langen Reise aufgebrochen — mit einem Elektroauto. Auf der Fahrt, die sie bis nach Zentralasien führte, zeigten sie, dass die Angst vor mangelnder Reichweite relativ ist. Und auch Vorurteile stellten sich als unbegründet heraus. Obwohl sie mit einem Auto eines US-Herstellers unterwegs waren, wurden sie im Iran von sehr vielen Menschen gefeiert. „Irgendwann haben wir nicht mehr gesagt, in welchem Hotel wir übernachten“, so Magdalena Witty.