Asphalt Festival: Auftakt mit Puppen

Am ersten Tag gab es vor der eigentlichen Eröffnung des Asphalt Festivals eine grandiose Performance.

Asphalt Festival: Auftakt mit Puppen
Foto: Peter Lodder

Düsseldorf. Das Asphalt Festival ist eröffnet. Doch bevor Festivalleiter Christof Seeger-Zurmühlen und Bojan Vuletic auf dem Gelände des Weltkunstzimmers den offiziellen Startschuss gaben, passierte etwas abseits am Worringer Platz Sonderbares.

Menschen sitzen im Schaufenster des Hotel Friends, sie tragen Kopfhörer, blicken neugierig auf das Treiben auf dem vor ihrem Blick liegenden Gehweg. Beobachten sie die Passanten? Ein Kichern hier und da lässt sich vernehmen, wenn Fußgänger etwas erstaunt auf die kleine Zuschauertribüne hinter Glas blicken. Mancher mag sich fragen, was das Ganze wohl soll. Ist das ein dekadenter Spaß?

Das, was sowohl das Publikum im Schaufenster als auch die Passanten auf der Straße bei „Himmel über Düsseldorf — Engel II“ im Laufe von gut 60 Minuten erleben durften, bedarf einer Erklärung. Denn in das Alltägliche mischte sich Schritt um Schritt wohl durchdachtes Theater.

Die Gruppe „Lokstoff“ hat sich auf Theaterprojekte spezialisiert, die sich nahtlos in den öffentlichen Raum einfügen, diesen aber mit außergewöhnlichem Verhalten der Schauspieler akzentuieren. So auch in diesem Fall, bei dem eine gestresste Maklerin, eine Fahrradkurierin, ein Fensterputzer und eine nicht minder vom Leben gezeichnete Mutter sich plötzlich und unvermittelt in die Straßenszenerie vor dem Hotel Friends mischten. Zunächst vernahmen mithilfe der Kopfhörer nur die Zuschauer, wie von Zauberhand, die „Gedanken“ der scheinbaren Passanten, etwas seicht — aber herrlich passend — untermalt von Fahrstuhlmusik. Doch die vier (Kathrin Hildebrand, Bianca Künzel, Alexa Steinbrenner, Alexander Steindorf) brechen schrittweise Konventionen, eröffnen plötzlich auch lautstark der Straße die tiefen Verkrustungen ihrer Lebenssituation. Man fragt sich immer wieder, wer von den Menschen, die da vorbei schreiten, Teil des komplexen theatralischen Geschehens ist. Man wird überrascht: Im Grunde wird ein jeder Teil der Szenerie, erdacht von Wilhelm Schneck und Bianca Künzel. Und wieso Himmel und Engel? Die Akteure spiegeln sich im Schaufenster, sie spiegeln ihr Innerstes, finden durch Mithilfe eines Schutzengels, der aber wohl in ihnen selbst zu verorten ist, ihr wahres Ich. Das alles ist grandios und eine raffinierte Hommage an Wim Wenders Filmdrama von 1987 „Der Himmel über Berlin“.

Die eigentliche Eröffnung indes gehörte der Duda Paiva Company, die musikalisch begleitet von dem Nederlands Blazers Ensemble sich auf die Spuren von Purcells Oper „The Fairy Queen“ begab. Mit raffiniert arrangierten Ausschnitten und viel Humor gestalteten sie die vom „Sommernachtstraum“ inspirierte Geschichte mit ihren skurril melancholischen Puppen neu. Doch Francesca Lanza, Augusto Valença, Ilija Surla und Alexander Brouwer belebten nicht nur ihre Puppen zu lebendigen Charakteren, sondern überzeugten auch sängerisch mit Fragmenten aus Purcells Musik. Ein launiges Spektakel, das aber Momente voller Poesie hatte und sich somit dann wiederum nahtlos in das Konzept des Festivals fügte. Nur schade, dass gerade die intimsten Szenen so dicht vor dem Publikum gespielt wurden, dass viele sie nicht richtig sehen konnten.