Bauen in Düsseldorf Anwohner wehren sich gegen Bebauungspläne für Kirchengrundstück
Düsseldorf-Niederkassel · Die Bürgerinitiative „L(i)ebenswertes Niederkassel“ fordert, dass weniger Wohnungen gebaut werden. Der Abriss der Kirche steht bevor.
In Düsseldorf wird bekanntlich viel gebaut, weil es an bezahlbaren Wohnungen fehlt. Doch nicht alle Baupläne stoßen in der jeweiligen Nachbarschaft auf Wohlwollen. Ein Beispiel dafür gibt es aktuell im beschaulichen Niederkassel. Äußerst schmerzlich war es für die Anwohner, dass die Kirche St. Anna geschlossen und 2016 entweiht wurde. Der Platz vor der Kirche war zudem der Mittelpunkt des Dorfes, auf dem viele Veranstaltungen stattfanden. Tröstlich blieb für alle zunächst, dass das Grundstück an der Kanalstraße im Eigentum der Katholischen Kirche bleiben sollte, dass so, wenn es denn dort schon eine Bebauung geben sollte, diese wenigstens angemessen ausfallen würde. Das war offenbar ein Irrglaube.
Die Kirche hat das Grundstück in Erbbaupacht an einen Investor vergeben, der seine anfänglichen Pläne zwar noch einmal überarbeitet hat (zum Beispiel 80 statt 85 Wohnungen, geringere Firsthöhen), besänftigen konnte das die Anwohner aber nicht. „Das Bauvorhaben ist in seinem jetzigen Ausmaß für die Bürger Niederkassels, aber auch für viele Oberkasseler und für die Nachbarn aus dem Lotharviertel, schlicht nicht zu ertragen“, heißt es in einer Online-Petition, die von der Bürgerinitiative „L(i)ebenswertes Niederkassel“ in Netz gestellt wurde. 1860 Menschen unterstützen die Petition bislang.
„Das geplante Bauvorhaben ist zu massiv, dicht und hoch. Die aktuelle Planung muss überarbeitet werden, da sie außerdem zu einer katastrophalen Verkehrs- und Parkplatzsituation führen wird“, nennt Initiator Ulrich Rosendahl Argumente. Der dörfliche Charme von Alt-Niederkassel dürfe nicht zerstört werden. „Nicht zuletzt möchten wir erreichen, dass Grünflächen weitgehend erhalten bleiben und weniger alte Bäume gefällt werden. Wir wünschen uns Luft und Raum zum Atmen“, ergänzt Hans Bleuel, Vorsitzender der Bürgerinitiative.
Die Kritik richte sich dabei gar nicht so sehr gegen den Investor, die Kölner Absolut Immobilien, „der natürlich versucht, das Beste für sich herauszuholen“, so Rosendahl, sondern gegen die Stadt. „Wir vermissen vor allem Transparenz“, ergänzt Bleuel. Im September 2019 gab es eine von 200 Interessierten besuchte Bürgeranhörung, „bis heute liegt dazu immer noch kein Protokoll der Stadt vor“, bemängelt Rosendahl.
Sicherlich seien doch auch diverse Bürgeranfragen eingegangen. Bevor diese oder andere Fragen und Anregungen jedoch beantwortet worden seien, habe die Stadt Fakten geschaffen: Der Projektentwickler wolle jetzt damit beginnen, das Kirchengebäude, die Vikarie, das Pfarrhaus und die ehemalige Musikschule abzureißen; die durch den Abriss freiwerdende Fläche werde dann auf Bodenniveau verfüllt. Laut Alexander Kürten, Geschäftsführer von Absolut Immobilien, sei der Abriss sogar schon für den vergangenen Sommer avisiert gewesen, „aber da hat Corona uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Momentan sei man noch mit vorbereitenden Arbeiten beschäftigt. So müsse auch der Bunker freigelegt werden, „wir wissen nicht genau, was uns dabei erwartet, davon gibt es keine Pläne“. Das Unternehmen wolle jedenfalls so viele Bäume wie möglich erhalten, auch die markante Zeder.
Aktuell würden sich die Pläne im Ämterumlauf befinden, die zweite Offenlage werde vorbereitet. Kürten rechnet frühestens in zwei Jahren mit dem Baubeginn, „der Abriss dauert nur eine Woche“. Die Zeit, die bleibt, an den Plänen etwas zu ändern, stimmt die Bürgerinitiative vorsichtig optimistisch. „Es ist noch nichts in Stein gemeißelt, es gibt Handlungsspielräume, und der Investor bewegt sich ja auch. Unser Kampf ist jedenfalls nicht umsonst, wir sprechen immerhin für 3300 Bürger in Niederkassel“, sagt Rosendahl, der darauf beharrt: „Wir fordern eine Reduktion der Zahl der Wohnungen um 50 Prozent. Wer aufgibt, hat schon verloren.“