Anzeigen gegen Graffiti-Sprayer gehen drastisch zurück
Die Fallzahlen sanken 2012 drastisch. Das erfolgreiche Projekt „Einwandfrei“ beim Jugendring soll jetzt weiter ausgebaut werden.
Düsseldorf. Ein kurzes Rasseln, ein feines Zischen — und schon ist eine Hausfassade mitunter schwer beschädigt. Graffiti gehören zum Bild einer jeden Großstadt, mitunter handelt es sich unbestreitbar sogar um schöne Kunst. Illegal ist sie dennoch und viele Täter sprühen eben doch nur, um ihr „Tag“ — ihr persönliche Signatur — an so vielen Hauswänden wie möglich wiederzufinden. Doch das Problem scheint sich in Düsseldorf zu entzerren: Gab es laut Statistik noch 2010 fast 700 angezeigte Fälle und 2011 ebenfalls noch 630, so weist die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr nur noch 387 Fälle von Graffiti auf Straßen, Wegen und Plätzen aus. Ein Rückgang um 243 Fälle.
„Wir tun in diesem Bereich sehr viel“, sagt Wolfgang Wierich, Leiter des Jugendkommissariates der Polizei, und freut sich über den Erfolg. Dieser resultiert in seinen Augen aus einem Bündel an Maßnahmen. So hat heute beispielsweise jede Polizeiinspektion für ihren Bereich der Stadt einen Jugendsachbearbeiter, der sich exklusiv mit dem Thema Graffiti beschäftigt. „Der kennt seine Pappenheimer“, sagt Wierich. Und er kennt deren Tags, ermittelt zudem im Internet, wo stolze Sprayer ihre Werke gern veröffentlichen.
Werden die Täter gefasst, greifen die Konzepte von Polizei und Justiz für junge Straftäter — wie das Programm Gelbe Karte als Warnschuss für Jugendliche, die nur wenige Male auffällig wurden, und die Fallkonferenzen für Intensivtäter. Es gibt in Düsseldorf aber auch ein spezielles Projekt für Graffiti-Täter: Dennis Kollin leitet „Einwandfrei“ beim Jugendring. Er lässt Ersttäter, die noch nicht gewohnheitsmäßig sprühen, hautnah die Konsequenzen ihres Tuns spüren. Indem die Jugendlichen selbst ihre Werke wieder fachmännisch beseitigen müssen. Zig Stunden schrubben und pinseln sie dafür an einer Wand. Ein Junge sagte am Ende mit Blick auf die reine Fläche: „Wenn die noch mal einer besprüht, bringe ich ihn um!“
„Das Projekt macht auf die beteiligten Jugendlichen großen Eindruck“, sagt Kollin. „Viele sagen, sie hätten sich die Entfernung nicht so aufwändig vorgestellt. Und wenn sie hören, was Fachfirmen dafür nehmen, sind sie sehr beeindruckt.“ Das ist ein weiterer Vorteil von Einwandfrei: Die Jugendlichen bekommen zwar eine deutliche, zeitnahe Sanktion — aber zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen ihrer Opfer entgehen sie so.
Seit Mai 2010 läuft Einwandfrei, bis Ende 2012 wurden dort laut Wierich 58 Fälle betreut. „41 Teilnehmer davon wurden nicht mehr auffällig. Das Projekt ist wirklich sehr erfolgreich.“
Dennis Kollin glaubt allerdings auch, dass die geringe Fallzahl in der Kriminalstatistik auch einem sehr schwachen Anzeigeverhalten bei Graffiti geschuldet ist. Er wünscht sich mehr Konsequenz von Betroffenen, damit die Polizei und er auch mehr Chancen haben, die Täter zu ermitteln und von einer großen illegalen Sprayer-Karriere abzubringen.
Das Projekt „Einwandfrei“ soll jetzt ohnehin weiter ausgebaut werden. Und auch Jugendliche, die wegen anderer Sachbeschädigungen zu Sozialstunden verurteilt wurden, werden wohl demnächst in dem Programm Graffiti entfernen. „Denn umso mehr Graffiti im öffentlichen Raum zu sehen ist, umso mehr fühlen sich andere inspiriert, sich dort auch zu verewigen“, erklärt Kollin.