Autofahrer und dement — was Angehörige tun können

Wer an Demenz leidet, kann seine Fähigkeiten nicht richtig einschätzen. Die Betroffenen brauchen Hilfe von außen.

Düsseldorf. Wenn sein 83-jähriger Vater mit dem Auto unterwegs war, hatte Wolfgang Kaiser (Name von der Redaktion geändert) keine ruhige Minute. Im Hinterkopf war immer die Angst, es könnte mal etwas passieren. „Wir haben schon gemerkt, dass er zunehmend vergesslicher und tüdelig geworden ist. Dass er leicht dement ist, ohne das dies schon von einem Arzt bestätigt war.“

Und dann kam der gefürchtete Anruf vom Vater. „Ich habe einen Unfall gebaut.“ Kaiser ist fast das Herz stehengeblieben, berichtet er. Ihn hat nur eines interessiert: Sind Personen zu Schaden gekommen? Der Vater hatte Glück, es war nur ein leichter Blechschaden.

Kaiser hat den Schock des Vaters über dieses Erlebnis direkt ausgenutzt. „Wir sind einen Tag später los und haben seinen Führerschein abgegeben.“ Schon vorher war das einmal Thema zwischen Vater und Sohn gewesen, doch da zeigte der Vater sich uneinsichtig. „In der Beziehung war der Unfall fast Glück im Unglück, denn sonst hätte es sicher größere Diskussionen gegeben.“

Familie Kaiser ist kein Einzelfall, weiß Joachim Tabath. Der Polizist berät als Verkehrssicherheitsexperte besonders Senioren und deren Angehörige, er hat zudem in der Vergangenheit Informationstage zum Thema „Auto fahren und Demenz“ organisiert. „Auto fahren genießt in allen Altersgruppen einen hohen Stellenwert, weil es Mobilität, Selbstständigkeit und Unabhängigkeit bedeutet. Das gibt niemand gerne auf, auch wenn eine Demenzerkrankung vorliegt.“ Zudem sei das Auto ein Statussymbol, sagt Zentrumsleiterin Gabi Schmidt-Schulte: „Die Generation, die jetzt in das Alter kommt und einen Führerschein hat, zeigt gerne, was sie sich erarbeitet hat.“

Das Problem in der eigenen Familie zum Thema zu machen, ist nicht einfach, ohne dass der Familiensegen schief hängt. „Demenzerkrankte denken nicht rational, sie sehen nur den Verlust“, sagt Schmidt-Schulte. Joachim Tabath rät zunächst zum Gespräch: „Die Angehörigen sollten die an Demenz erkrankte Person an ihren Sorgen teilhaben lassen.“ Gibt es keine Einsicht, sollte der Hausarzt hinzugezogen werden, der die Erkrankung kennt: „Viele hören eher auf ihren Arzt.“

Wenn alles nichts hilft, rät der Polizist zu kleinen Tricks: Autoschlüssel verstecken, Batterie abklemmen oder auf einen anderen Parkplatz fahren. Und: „Man sollte die Person ermutigen, Bus und Bahn oder kostenlose Fahrdienste zu nutzen. So zeigen Sie, dass öffentliche Verkehrsmittel mobil machen.“

Ein letzter Ausweg könnte auch die Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch die Führerscheinstelle sein. Dazu können Angehörige ihre Bedenken schriftlich bei Iris Behr-Hodes einreichen. Wer nicht will, dass der Angehörige erfährt, von wem Behr-Hodes den Tipp bekommen hat, kann das angeben. Der Betroffene wird dann zum Gespräch eingeladen und eventuell aufgefordert, sich ärztlich untersuchen zu lassen.

„Einige geben ihren Führerschein dann auch direkt bei mir ab“, sagt Behr-Hodes. Bevor er jedoch entzogen wird, prüft sie eingehend: „Ich hatte nämlich auch schon den Fall, wo Angehörige einfach das Auto wollten.“

In der Familie Kaiser haben jetzt alle Familienmitglieder Aufgaben übernommen, um den Großeltern das Leben ohne Auto zu erleichtern. Und Wolfgang Kaiser sieht es positiv: „Dadurch sehen wir uns jetzt auch wieder viel öfter.“