Bei Klassenfahrten gibt es keine Null-Promille-Garantie
Bier ist verboten, getrunken wird trotzdem. Schulen bewegen sich in einer Grauzone. In einem Fall protestieren jetzt Eltern.
Düsseldorf. In einer weiterführenden Schule in Düsseldorf tobt ein Konflikt zwischen Eltern und einer Lehrerin bzw. der Schulleitung. Der Pädagogin wird vorgeworfen, sie habe auf einer Klassenfahrt Kinder zum Trinken ermuntert und Schüler, die offenbar stark betrunken waren, nicht angemessen geholfen. Der Ausgang der Geschichte ist offen, Eltern haben sogar bei der Bezirksregierung Beschwerde eingereicht. Zurzeit wollen sich weder diese noch die Schulleitung zum Fall äußern. Die Lehrerin hat den Eltern über einen Anwalt aufgefordert, ihre Vorwürfe nicht zu wiederholen. Aber wie immer die Geschichte endet: Sie wirft ein Schlaglicht auf ein Thema, das an Schulen immer wieder für Konflikte sorgt: der Umgang mit Alkohol.
Laut Bezirksregierung ist das Thema unproblematisch, weil laut Schulgesetz Alkoholkonsum auf Klassenfahrten generell verboten ist. Auch Strafen bei Verstößen werden dort behandelt. Solche Fälle kämen auch immer wieder vor, Schüler müssen dann mit schriftlichen Verweisen rechnen bis hin zur Androhung der Entlassung. Von einer juristischen Grauzone könne somit „keine Rede sein“, heißt es auf Anfrage der WZ.
Erkundigt man sich an Schulen, klingt das schon ein wenig anders, wenngleich viele sich zum Thema vorsichtig äußern. „Man kann es nicht ganz verhindern“, sagt zum Beispiel eine Schulleiterin aus Düsseldorf. „Aber man muss auch nicht weggucken.“
Die Aussage zeigt: Haben Schüler ein gewisses Alter erreicht, ist es kaum realistisch, Alkohol komplett zu untersagen. Spricht man mit Beteiligten, so zeigt sich der Tenor: Auf das Verbot sollte hingewiesen werden. Man wird aber kaum jeden Verstoß mitbekommen — und muss auch nicht wegen jeder Flasche Bier schon Strafen aussprechen.
Rupert Schüler ist Suchtberater bei der Caritas, er glaubt, dass viele Schulen keine klaren Regelungen zum Thema haben: „Stattdessen hofft man, dass nichts Schlimmes passiert.“ Was aber nicht immer funktioniert. Gerade nimmt bei der Caritas wieder ein Jugendlicher am Präventionsprogramm „Halt“ teil, der auf einer Klassenfahrt deutlich zu viel getrunken hatte.
Schüler plädiert für klare Ansagen, auch wenn sie sich nicht immer durchsetzen lassen. Werden Verstöße bekannt, sollte eine Sanktion folgen, man müsse den Schüler aber nicht gleich nach Hause schicken: „Es sollte ein Gespräch geben, eine Information an die Eltern, ein zusätzlicher Küchendienst könnte eine Strafe sein.“
Will die Schule eine andere Regelung zum Umgang mit Alkohol, braucht es einen Beschluss der Schulkonferenz. Viele schaffen für Gelegenheiten wie Abifeiern Ausnahmen. Nicht aber für Klassenfahrten. Damit ist klar, dass das Thema in erster Linie bei den Lehrern hängenbleibt.
Ulrike Seibt (Name geändert) hat schon viele Gymnasialklassen begleitet: „Bei Hochprozentigem gibt es kein Pardon, da habe ich auch schon Taschenkontrollen gemacht.“ Anders sieht aber der Umgang mit anderen Getränken aus, so lange Maß gehalten wird. Wenn bei über 16-Jährigen mal ein Bier getrunken werde, würden viele Lehrer auch weggucken. Verbote voll durchzuziehen, sei sehr anstrengend und eventuell schlecht für die Stimmung in der Gruppe. Für über 18-Jährige gelten wieder andere Regeln, da sind Schüler und Seibt sich einig. Man müsse festlegen, wo die Grenzen liegen, ein Totalverbot sei von vornherein nicht realistisch.