Beinahe feurig: Samba-Stunde mit dem Weltmeister

Beim „Workshopfestival“ im Boston-Club üben Hobby-Tänzer mit Profis. Unsere Reporterin Stefanie Keisers hat mitgemacht.

Düsseldorf. Eigentlich war ich optimistisch, was mein tänzerisches Können angeht. Einige Jahre Ballett in der Kindheit und die Standard-Tanzkurse neben der Schule sollten doch ein gewisses Takt- und Körpergefühl hinterlassen haben. Beim Workshopfestival habe ich mir darum den Samba-Kurs am Freitagabend ausgesucht. Mal etwas anderes und hoffentlich ein Tanz, mit dem ich beim nächsten spanischen Abend in der Altstadt angeben kann.

Im Boston-Club angekommen, werde ich gleich in Saal Nummer vier geleitet. Der Kurs hat schon angefangen, rund 20 Teilnehmer aller Altersklassen wippen bereits vor dem riesigen Spiegel hin und her. „Eeeeeinsezwei, eeeeeeeinsezwei“, ruft Tanzlehrer Roberto Albanese, dreifacher Weltmeister im Formationstanz Latein, Kandidat in der TV-Show „Let’s Dance“ und optisch eine Art junger David Copperfield mit Zahnpastalächeln. Das seltsame Zählen ist aber nicht, wie zuerst vermutet, auf einen südländischen Akzent zurückzuführen, sondern soll die Länge der Bewegungen anzeigen. Ich reihe mich ein.

Meine Erwartungen von dramatischen Drehungen und südamerikanischer Leichtigkeit werden aber zunächst enttäuscht: Die ersten 15 Minuten lang üben wir erst einmal, die Hüfte rhythmisch nach vorne und hinten zu bewegen. Was bei Roberto noch elegant aussieht, wirkt bei dem Rest der Truppe belustigend und ein wenig obszön. Gerade einige männliche Teilnehmer scheinen erstmals zu bemerken, dass sie überhaupt eine Hüfte haben. Manche der Damen versuchen dagegen, sich mit ihrem Hüftschwung gegenseitig auszustechen. Was durchaus mit dem Tanzlehrer zusammenhängen dürfte.

Als dann zum Po-Gewackel auch noch Schritte kommen, bin ich leicht überfordert. Zu „Eeeeeinsezwei, eeeeeeinsezwei“ reicht es nicht aus, halbwegs koordiniert nach rechts oder links zu trippeln. Das Ganze sollte auch unterschiedlich schnell und mit einer gewissen Spannung geschehen. „Und die Hüfte nicht vergessen!“

Mit seinem Copperfield-Lächeln und ermutigenden Worten hält der Profi uns bei der Stange und irgendwann fühlen sich die Bewegungen gar nicht mehr so merkwürdig an. „Jetzt mal mit Musik“, ruft Roberto und der Samba-Klassiker „Mas Que Nada“ schallt durch den Raum. Als Roberto diesmal zum Takt der Musik die Schrittfolge vormacht, geschieht dies in gefühlter Lichtgeschwindigkeit. „Wischer, Wischer und Volta, Volta, Volta. . .“, kommentiert der Weltmeister. „Und jetzt alle.“

Schwitzend stolpere ich von links nach rechts und traue mich erst gar nicht, dabei in den Spiegel zu schauen. Den meisten anderen geht es ähnlich. Eines der Pärchen macht so kleine Schritte, dass sie den anderen im Weg stehen, der Mann neben mir macht einfach sein eigenes Ding. Auch Roberto muss einsehen, dass es so nicht funktioniert. „Dann nehmen wir nochmal die Bänder hinzu.“ Die Bänder sind elastische Streifen mit Schlaufen an beiden Enden, mit denen wir unsere Füße aneinander ketten. Ob das meinem Gestolper Einhalt gebieten wird?

Tatsächlich sorgt die Spannung bei den Schritten für mehr Halt und ich habe sogar Zeit, beim Tanzen auf meine Hüfte zu achten. Auch mit der schnellen Musik komme ich nun mit, und am Ende fühle ich mich beinahe feurig, wie ich so zu „Eeeeeinsezwei“ durch den Tanzsaal schwinge. Danke Roberto! Spaß gemacht hat es in jedem Fall, zum Angeben vor den Freunden wird es aber wohl nicht reichen.