Interview mit Schlagzeuger der Ärzte Bela B.: Gerne Glücksspieler oder Revolverheld

Bela B. ist Schlagzeuger der Ärzte — unter anderem. Jetzt hat er ein Live-Hörspiel entwickelt, das er im Capitol präsentiert.

Foto: Konstanze Habermann

Bela, Du bist ja gefühlt omnipräsent und ständig auf Tour. Wenn Du nun in einer Pause die Wahl hast - zu was greifst Du lieber, um zu entspannen: Zu einem Klassiker der Literatur, zu einem Krimi oder zum neuen „Walking Dead“-Zombie-Comic?

Bela B.: Kommt drauf an… Ich liebe die „Walking Dead“-Comics. Aber die Hefte dieser Reihe kommen ja leider nur zweimal im Jahr raus. Die habe ich also binnen kurzer Zeit durch. Gleichwohl ist das bei mir dann auch ein Ritual: Sobald ich den neuen Comic in der Hand halte, lese ich genüsslich noch mal den vorherigen durch und widme mich dann der aktuellen Ausgabe. Aber: Ich lese natürlich auch Bücher. Das geschriebene Wort. Es muss nicht immer mit Bildern sein. (lacht)

Und Du stehst auf Filme …

Bela B.: Absolut! Und daraus ist ja auch das „Sartana“-Projekt entstanden. Quasi aus einem großen Spaß, aus einer Freizeitbeschäftigung heraus: Ich schaue mir gerne Genre-Filme an: Horror, Action, Exploitation. Und eben Spaghetti-Western. Oder respektvoller ausgedrückt: Italo-Western.

„Sartana - noch warm und schon Sand drauf“: Überzeugte Cineasten dürften bei so etwas die Hände über dem Kopf zusammenschlagen …

Bela B.: (lacht) Das ist natürlich schon ein sehr spezielles Genre. Eines, in dem es ab und an auch richtig zotig zugeht und in dem es Großartiges und Grottiges gleichermaßen zu entdecken gibt. Aber es existieren zig Bücher, die sich kulturwissenschaftlich damit auseinandersetzen. Insofern trifft auf diese Art des Films wohl Beides zu: Es ist Spaß und Ernst gleichermaßen. Ich bin auf jeden Fall ein riesiger Fan und tauche genussvoll in diese Welt ein.

Ärzte-Konzerte kennt jeder. Aber wie kann man sich Dein Live-Hörspiel in Concert auf der Bühne vorstellen?

Bela B.: Das wird ein sehr bunter Abend, zu dem wir uns natürlich gebührend einkleiden werden. Wir zeigen Comicstrips von „Hellboy“-Zeichner Robert Schlunze — er ist ein alter Freund von mir. Es gibt die Hörbuch-Version mit Peta Devlin von Smokestack Lightnin’ und mir in den beiden Hauptrollen sowie zwei echten Sprecher-Titanen in allen anderen Rollen zu hören: Stefan Kaminski und Oliver Rohrbeck. Stefan wird neben seinen vielen Stimmen auch noch die Geräusche zum Hörspiel machen. Er ist eine Sensation! Er wechselt in einem Gespräch zwischen Sheriff und Bar-Schlampe — und man merkt nicht, dass das ein und dieselbe Person ist! Oliver wiederum ist ja schon eine Synchron- und Sprecherlegende...

Zum Beispiel als Stimme von Hollywood-Star Ben Stiller …

Bela B.: Genau. Und auch als Drache Grisu oder Pinocchio. Aber: Ganz bestimmt jedem bekannt ist er als Justus Jonas aus „Die drei ???“. Ihn kenne ich noch aus alten Berliner Punk-Tagen. Wir hatten damals allerdings gar keine Ahnung von seinem Job.

Du erwähntest „Einkleiden“. Gibt es bei Bela B. daheim einen Kleiderschrank, in dem links die Ärzte- und rechts die Spaghetti-Western-Seite ist?

Bela B.: (lacht) So ähnlich. Bei den Ärzten ist die Garderobe viel größer. Da muss ich immer etwas ganz Neues parat haben. Da überlege ich mir seit den 90ern traditionell für jede Tour andere Klamottenkombinationen, die ich dann bei den Konzerten trage — frei nach dem Motto: „Das Auge rockt mit“. Bei meinen Solo-Sachen spreche ich mich meistens mit Peta ab — mit kleinen Ausnahmen: Bei der letzten Tour mit ihr und Smokestack Lightnin’ habe ich beispielsweise das Remake eines Anzugs getragen, den Bing Crosby in den 50ern bei Viehauktionen anhatte. Ein bekannter Jeans-Hersteller hatte diesen Anzug in einer kleinen Serie neu aufgelegt und ich als der deutsche Bing Crosby bekam einen davon! Großartig!

Wenn Du die Wahl hättest: Welche Western-Figur würdest Du selber auf der Leinwand spielen?

Bela B.: So eine Doc-Holliday-, Wyatt-Earp- oder Django-Figur. Also Glücksspieler, Revolverhelden und Typen, die gute Absichten haben, die aber immer so ein bisschen gebrochen sind und Raucherhusten haben.

Stehen Deine Ärzte-Kumpanen Farin und Rod eigentlich auch auf Spaghetti-Western und Horror-Filme — oder sind die eher genervt, wenn Du im Tourbus mit Deinen DVDs ankommst?

Bela B.: Zumindest für Farin kann ich das bestätigen: Er ist auch großer Fan. In den 80ern haben er und ich uns gemeinsam einige Nächte mit Django oder mit Clint Eastwood in „Für eine Handvoll Dollar“ um die Ohren gehauen. Doch egal, mit wem ich gerade unterwegs bin: Ich habe im Tourbus auf jeden Fall bis heute immer eine gute Auswahl an Filmen dabei. Wobei ich zugebe: Das ist nicht immer einfach… Die Schmerzgrenze in Sachen Trash setzt bei anderen Leuten halt früher ein als bei mir. Ich habe beispielsweise Peta zwar dazu gebracht, zwei „Sharknado“-Filme mit mir zu gucken. Beim dritten hat sie dann aber gestreikt. (lacht)