Beuys-Kopf in der Schusslinie

Der Kunstbeirat lehnte das kolossale Werk mit überwältigender Mehrheit ab. Nun entbrennt eine heftige Diskussion.

Düsseldorf. Anatol Herzfeld liebt seinen Lehrer Joseph Beuys über den Tod hinaus. Er pflegt ihn in den Himmel zu heben. Der Meisterschüler und pensionierte Polizeihauptmann hat einen Kolossalkopf geschaffen und vorerst auf die Museumsinsel Hombroich gestellt.

Der Findling ist drei Meter hoch, zwölf Tonnen schwer und aus Granit. Jetzt gerät er in die Schusslinie. Der Kunstbeirat lehnte das Werk mit überwältigender Mehrheit für den endgültigen Standort am Oberkasseler Rheinufer ab.

Die Fans von Anatol sind entsetzt, die Fans von Beuys frohlocken über das Dilemma. Malkasten-Chef Robert Hartmann kommentiert ironisch: "Es ist nicht im Sinne des erweiterten Kunstbegriffs von Beuys, ein traditionelles Denkmal wie einen Bismarck zu errichten." Hartmann sitzt im Kunstbeirat.

Auch die anderen Beirats-Mitglieder sind keine Banausen, sondern Künstler, Politiker wie Alexander Filz, der selbst einen Kunstverlag betreibt, Friedrich Conzen, dessen Sohn an der Picasso-Galerie beteiligt ist, und Fachleute aus dem Kulturamt. Das Gremium tagt nicht öffentlich. Soviel drang nach draußen: "Wir wollen den Kopf stillschweigend beerdigen." Kulturdezernent Hans-Georg Lohe sollte den Kunstfreund Wolfgang Schulhoff überreden, dass Anatol den Kopf zurückzieht.

Das ist gründlich gescheitert. Dafür übernimmt Karl-Heinz Theisen vom Freundeskreis Heinrich Heine die Verantwortung. Er ärgert sich seit langem, dass der Geschmack des Kunstbeirats mit seinen eigenen Vorstellungen nicht übereinstimmt. Im WZ-Gespräch sagt er: "Anatol kennt Beuys besser als jeder andere. Er war sein Meisterschüler und sein Vertrauter. Wenn er für seinen Guru etwas macht und das Ding ist drei Meter hoch, dann hat er sich viel Mühe gemacht. Im Gegensatz zum Kunstbeirat, der die Arbeit noch nicht einmal vor Ort betrachten wollte." Der Kunstbeirat befand nach einem Foto: "Der Kopf ist einfach entsetzlich, viel zu klobig."

Wolfgang Schulhoff lässt nichts auf seinen Künstlerfreund Anatol kommen. Er empfahl ihm, den Augen das Starre zu nehmen. Anatol mattierte daraufhin die Augäpfel. Schulhoff zur WZ: "Was wollen die Leute eigentlich, es ist doch ein echter Anatol geworden. Ich lade den Kunstbeirat auf die Insel ein, da kann er sich vom Original überzeugen."

Warum soll der Beuys-Kopf partout am Oberkasseler Rheinufer stehen? Die Antwort von Anatol: "Von dort habe ich Beuys, der aus der Kunstakademie rausgeschmissen worden ist, heimgeholt. Das war eine symbolische Handlung." Der Beirat hält dagegen: "Die missglückte Skulptur wird der Bedeutung von Beuys nicht gerecht."