Bilker Höfe: 140 Mieter müssen wieder ausziehen

Mängel in den Fußböden festgestellt. Schaden geht in die Millionen.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Was sich anhört wie ein schlechter Scherz, ist für die Bewohner des Neubaugebiets Bilker Höfe nervenaufreibende Realität. Vor knapp zweieinhalb Jahren zogen die ersten Mieter in die 219 Wohnungen, die elf bis zwölf Euro pro Quadratmeter kalt kosten. Doch kaum haben sich die Bewohner so richtig eingelebt, müssen die meisten von ihnen auch schon wieder ausziehen — samt kompletter Einrichtung.

Der Grund sind erhebliche Mängel in den Fußböden. Zwei Wochen dauert es pro Wohnung, bis die behoben sind, wie Jörg Giesen vom Projektentwickler Bauwens auf Anfrage bestätigt. Die Mieter sind fassungslos: „Das ist der absolute Wahnsinn“, sagt etwa Sybille Heinrich (Name geändert), Mutter einer dreiköpfigen Familie, der WZ. Und auch Giesen gibt zu: „Ich war auch schockiert, als ich davon erfahren habe.“

Das Problem: In vielen Wohnungen war vor dem Einzug der Estrich noch nicht ganz trocken. Deshalb musste fürs Mosaikparkett ein Spezialkleber verwendet werden. Darin hatten sich allerdings zuvor Zusatzstoffe verändert, so dass es zu einer unvorhergesehenen chemischen Reaktion kam.

Nun entstehen mehr und mehr Hohlräume unter den Böden des 45-Millionen-Euro-Projekts. Schlimmstenfalls könnten sie sogar einbrechen. 120 bis 140 Wohnungen sind betroffen, ein Teil ist schon saniert worden, bis zum Spätsommer sollen die Mängel in den restlichen 80 bis 90 Wohnungen beseitigt sein.

Mieterin Heinrich kann darüber nur den Kopf schütteln: „Das ist für jeden Bewohner ein gewaltiger Aufwand. Und ich habe in der Nachbarschaft noch keinen Fall erlebt, bei dem die Prozedur ohne Ärger abging.“

Zwar übernimmt die Versicherung des Kleberherstellers die Kosten für eine Unterkunft — in einem Fall auch für ein Hotel auf Sylt. „Doch darüber hinaus läuft die Abwicklung schlecht.“ So mussten laut Heinrich einige Bewohner schwer darum kämpfen, damit sie die Miete für den Zeitraum der Sanierung nicht zahlen mussten. „Da fehlt eine einheitliche Regelung. Und wer sich nicht darum kümmert, geht leer aus. Das kann nicht sein.“

Giesen erklärt dazu, dass die Versicherung tatsächlich die Forderungen jedes Mieters einzeln bewertet. Reisen nach New York oder Dubai sind aus seiner Sicht allerdings zurecht nicht anerkannt worden. Dennoch, der Gesamtschaden gehe schon jetzt absehbar in die Millionen.

Trotz Entschädigung — auf die Mieter wartete bislang auch nach Aus- und Wiedereinzug oftmals weiterer Stress. Immer wieder verursachte ein Umzugsunternehmen Schäden an den Möbeln. „Bei einem Nachbarn lagen zudem sämtliche Kabel, die zuvor in der Wohnung verlegt waren, in einem Knäuel auf dem Esstisch. Dabei sollten die Wohnungen in ihren Zustand von vor dem Auszug versetzt werden.“

Eine andere Familie stellte nach ihrem Urlaub erst bei der Rückkehr fest, dass die Arbeiten in der Wohnung nicht wie abgesprochen abgeschlossen waren. Der Wiedereinzug war nicht möglich. Der Projektverantwortliche Giesen dazu: „Da kann ich den Ärger verstehen. Aber wir haben mittlerweile reagiert und das erste Umzugsunternehmen ausgetauscht. Zudem haben wir vor Ort ein Büro eingerichtet und mit einem Mitarbeiter besetzt, der die Abwicklung managt.“

Aufgrund all dieser Erfahrungen versucht Heinrich nun, den Auszug ihrer Familie zu verhindern. „Wir werden sowieso bald umziehen. Und die Schäden sind bei uns nicht ganz so schlimm.“

Die nächsten Monate werden trotzdem kein Vergnügen für Heinrich. „In allen Wohnungen um uns herum werden nach und nach die Böden rausgefräst. Das ist mit höllischem Lärm und viel Dreck verbunden.“ Je nach Belastung wolle sie entscheiden, ob die Familie die Miete mindert.

Giesen signalisiert Entgegenkommen: „Je nach Belastung müssen wir das hinnehmen.“