Interview Luise Rainer – Düsseldorfs großer Hollywoodstar

Düsseldorf · Ralf Oldenburg hat die Biografie der jüdischen Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Luise Rainer geschrieben. 2013 traf er die damals 103-Jährige persönlich – im Interview spricht er über das Erlebnis und das Buch.

Die Schauspielerin Luise Rainer und der US-Schauspieler Paul Muni in dem Film „Die gute Erde“ („The Good Earth“) von 1937. Für diese Rolle bekam Rainer ihren zweiten Oscar.

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Die zweifache Oscar-Preisträgerin Luise Rainer war gebürtige Düsseldorferin. Schriftsteller Ralf Oldenburg – er ist auf Biografien spezialisiert – hat nun eine von Rainer noch vor ihrem Tode 2014 autorisierte Biografie der Schauspielerin vorgelegt. „Luise Rainer: Looking back – Der Blick zurück“ erschien beim Region-Verlag und wird am Dienstag im Rathaus (16.30 Uhr, Plenarsaal, Marktplatz 2) dem Düsseldorfer Publikum in Form einer Präsentation und einer Lesung vorgestellt. Guter Grund, mit dem Autor über sein Werk und dessen Entstehungsgeschichte zu sprechen.

Autor Ralf Oldenburg traf Luise Rainer 2013 noch persönlich in London.

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Herr Oldenburg, Sie haben bis jetzt vermehrt Biografien von deutschen Schriftstellern verfasst, etwa von Martin Walser. Wie kam es zu der Idee, sich der Schauspielerin Luise Rainer zu widmen?

Ralf Oldenburg: Ich kam zu Luise Rainer eher wie die Jungfrau zum Kind, das heißt, Frau Rainer hatte meine Martin-Walser-Biografie gelesen und wollte mich 2013 in London kennenlernen. Sie meinte im Laufe des Gespräches, dass ich der Richtige sei, sie als Künstlerin adäquat darstellen zu können.

Erzählen Sie uns von diesem Treffen.

Oldenburg: Sehr gerne. Es war ein heißer Julitag in London. Ich kam in Anzug, Krawatte und Stoffhose, zudem mit Frau Rainers Lieblingsblumen zu ihr. Maggie, ihre Hauswirtschafterin, empfing mich und bat mich, ins Empfangszimmer zu gehen. Frau Rainer erwartete mich, lächelte und ließ dann Tee und Gebäck kommen. Sie war mit ihren 103 Jahren so zerbrechlich, schüchtern und zugleich hatte sie den Schalk in den Augen. Irgendwann meinte sie: „Jungchen, zieh’ doch den Anzug aus und greif zu. Aber nimm gerne reichlich von allem.“ Das Gespräch dauerte nur etwa 30 Minuten, aber es veränderte mein Leben. Ich wurde bescheiden und dankbar und lernte das Leben in seiner Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit schätzen.

Wie intensiv war Rainer bis zu ihrem Tod 2014 in die Arbeit an dem Buch eingebunden?

Oldenburg: Gar nicht. Am Ende des Gespräches entschuldigte sie sich dafür, dass sie mir nicht werde helfen können, dass sie sich aber sehr über die Biografie freue. Ich habe erst viel später, als ich schon mitten in den Recherchen war, bemerkt, wie sehr sie mir damals vertraut hatte, ihr Leben niederzuschreiben. Sie war wunderbar.

Im August 2011, damals 101 Jahre alt, wurde Rainer auf dem Boulevard der Stars in Berlin mit einem Goldenen Stern gewürdigt.

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Welche Quellen standen Ihnen zur Verfügung?

Oldenburg: Neben zahlreichen Reisen in Archive und Bibliotheken waren das Internet und vor allem konkrete Gesprächspartner wichtig für das Zustandekommen der Biografie. Ich lernte viele interessante Leute kennen, die alle froh darüber waren, dass sich endlich mal jemand des Themas Luise Rainer annimmt.

Sahen Sie sich auch mit Problemen konfrontiert?

Oldenburg: Manche Lebensabschnitte von Luise Rainer wiesen Leerstellen auf, das heißt, ich konnte keine verlässlichen Quellen finden. Also suchte ich nach Material, das Auskunft darüber zu geben imstande war. So las ich etwa Tagebücher, Briefe, Biografien und Autobiografien von Bekannten der Rainer, um darüber der Künstlerin nachzuspüren.

Was zeichnet ihre Lebensgeschichte aus?

Oldenburg: Zum einen hatte sie ein sehr langes Leben; sie wurde fast 105 Jahre alt. Zum anderen war dieses Leben ein sich ständiges Behaupten-Müssen als Künstlerin, Ehefrau und Mutter, aber auch als Immigrantin und Jüdin. Und schließlich kannte sie die Hollywood-Stars der 1930er- und 1940er-Jahre auch privat sehr gut.

Lassen Sie uns über Rainer und Düsseldorf sprechen. Rainer ist in Düsseldorf geboren, doch gab es darüber hinaus auch wichtige Stationen in dieser Stadt, wenngleich sie es alsbald in die USA zog.

Oldenburg: Es ist schon sehr interessant, dass der MGM-Boss Mayer die Schauspielerin mit einem neuen Image versah, so, wie es in Hollywood oft der Fall war. Rainer bekam ein neues Geburtsjahr (1914 statt 1910) und eine neue Geburtsstadt (Wien). Viel ist heute von dem damaligen Düsseldorf Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden. Dennoch gab es die wunderbare Möglichkeit, die Personalakte Rainers im Theatermuseum Düsseldorf sowie aus dem Gustav-Lindemann-Archiv einsehen zu dürfen.

Welches Leseerlebnis erwartet uns bei dieser Biografie? Welchen Stil haben Sie für die Verschriftlichung der Lebensgeschichte der Schauspielerin gewählt?

Oldenburg: Ich habe die Ich-Form gewählt. Damit wird die Biografie zu einer Autobiografie mit über 100 Zitaten aus Interviews der Künstlerin selbst, die schon zu Lebzeiten damit begonnen hatte, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben, diese aber immer wieder verwarf. Es ist ein emotionales Buch einer starken Persönlichkeit geworden, mit allem, was das Leben ausmacht: mit Höhen und Tiefen, aber immer mit dem unerschütterlichen Optimismus, ihr Leben selbst bestimmen zu wollen, wie es Luise Rainer bis zuletzt tat.