CDU-Vorsitzender Lehne: „Ein paar seltsame Wendungen“

Der CDU-Vorsitzende Klaus-Heiner Lehne über das Profil der Union, Europa- und Kommunalpolitik. Er tritt wieder an.

Düsseldorf. Beim Kreisparteitag der CDU am Freitag (18 Uhr, Henkelsaal) stehen Vorstandswahlen an. Als Parteivorsitzender unumstritten ist und bleibt der einflussreiche Europa-Abgeordnete Klaus-Heiner Lehne.

Herr Lehne, als Sie vor acht Jahren neu antraten, versprachen Sie, die Düsseldorfer CDU zu erneuern. Ist das gelungen?

Lehne: Ich denke schon. Wir sind auf einem guten Weg, aber auch noch nicht da, wo wir hinmüssen. Als Düsseldorfer CDU sind wir in einer Sonderstellung, wir haben hier politisch Erfolg und das Sagen. Das hat sogar die Landtagswahl bewiesen, wo wir gegen den Trend alle vier Mandate in der Stadt gewinnen konnten. Wir sind die einzige Großstadt-CDU in NRW, die im Landtag stark vertreten ist.

Mit Erneuerung war die parteininterne Arbeit gemeint, die Gewinnung junger Mitglieder etc.

Lehne: Auch da hat sich einiges getan. Ich gebe zu, dass die Mitgliederentwicklung insgesamt weiter rückläufig ist — wie bei fast allen Parteien. Wir verlieren massiv Mitglieder über 70 — oft, weil sie nun einmal sterben. Aber erfreulich ist, dass wir eine signifikante Verbesserung bei den unter 40-Jährigen verzeichnen. Das deckt noch nicht die Abgänge, aber den Altersschnitt haben wir gegenüber 2009 um mehr als zwei Jahre auf 58, 2 gesenkt.

Immer noch beklagen CDU-Mitglieder jedoch, dass nicht genug inhaltlich gearbeitet werde.

Lehne: Das stimmte nur im Wahnsinns-Wahljahr 2009/10, als für Sacharbeit schlicht kaum Zeit war. Ansonsten sind wir viel weiter: Es gibt zentrale Arbeitskreise, die Mitgliedern aus allen Ortsverbänden offenstehen. Beim Thema Arbeitsmarkt etwa gab’s eine große Resonanz. Und wir haben die Foren wiederbelebt, nach Kultur und Energie steht noch dieses Jahr ein Forum Verkehrspolitik an, dann Schule.

Wie rege ist die Mitgliedschaft in Ihrer CDU?

Lehne: Viele sind durchaus interessiert. Ich sehe das ganz pragmatisch: Mitglieder zahlen Beitrag und wollen einen Mehrwert. Die möchten einen Informationsvorsprung vor dem Rest und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Die wiederum sind auch deshalb so gut, weil wir im Rathaus so erfolgreich sind.

Bundesweit streitet die Union gerade, ob sie noch genug Profil hat. Wie sehen Sie das?

Lehne: Da schlagen zwei Seelen in meiner Brust. Einerseits glaube ich an Grundsätze, an eine Identität, einen politischen Kompass. Da gab’s bei uns zuletzt schon ein paar seltsame Wendungen, die uns viele Anhänger übel genommen haben, zuletzt beim Atomausstieg. Andererseits müssen wir uns an die Gegebenheiten anpassen, sei es in einer Koalition, sei es bei Finanzzwängen, aber auch veränderten Bedürfnissen der Bevölkerungsmehrheit. Mit konservativen Werten allein gewinnen wir keine Wahl. Die meisten Leute wollen keine große Ideologie, die wollen effizient und gut regiert werden. Das übrigens macht die Bundesregierung, sie hat hervorragende Wirtschaftsdaten vorzuweisen. Aber in der Außendarstellung zerlegen wir uns durch sinnlose Debatten selbst.

Gehört dazu auch die zur Option Schwarz-Grün?

Lehne: Ja, die ist derzeit wirklich überflüssig. In Düsseldorf besonders, weil wir hier mit der FDP exzellent zusammenarbeiten und null Veranlassung haben, über Veränderungen nachzudenken.

In Düsseldorf ist alles toll, es gibt keine Probleme?

Lehne: Zumindest geht es der Stadt finanziell unvergleichlich gut. Den Status gilt es zu halten, das wird schwierig genug, denn die Finanzkrise ist noch nicht ausgestanden. Ansonsten sehe ich einen gewissen Wohnungsmangel und wir müssen die ständig steigenden Energiepreise für die Leute abfedern.

Und Sie hängen weiterhin an Europa?

Lehne: Unbedingt. Auf das ständige Rumreisen könnte ich gut verzichten, aber die Arbeit im EU-Parlament macht viel Spaß. Nirgendwo hat man ja als Abgeordneter mehr Einfluss, man ist eben nicht — wie im Bundestag — vor allem bloßer Vollstrecker des Regierungswillens. In unserer Fraktion gibt es wenig Parteizwang, bei den Sachthemen zählt das Wissen der Experten.