Christian Matzerath: Der Mann macht Millionäre

Der freie Autor Christian Matzerath hat bislang 1300 Fragen für Günther Jauchs „Wer wird Millionär“ entwickelt.

Düsseldorf. Die erste Million kann von allem Möglichen abhängen: von Talent, Glück, harter Arbeit - oder von Christian Matzerath. Wenn Günther Jauch die linke Augenbraue lupft und der Kandidat verunsichert hin und her überlegt, ist der Düsseldorfer der unsichtbare Dritte.

Sein Werk sind etwa 1300 von rund 18 000 bislang bei "Wer wird Millionär" gestellten Quizfragen. Zum Beispiel folgende Millionen-Frage: Welche beiden Gibb-Brüder der Popband The Bee Gees sind Zwillinge? Marlene Grabherr riet Maurice und Robin, lag richtig und nahm eine Million Mark mit nach Hause. Matzerath macht Millionäre.

Der freiberufliche Autor ist Teil der siebenköpfigen Kölner Redaktion von "mind the company" - der Denkfabrik des deutschen Ratewesens. Die GmbH belieferte unter anderem die "5-Millionen-SKL-Show", "Die große Show der Naturwunder" und "Das Deutschland-Quiz". Wenn der Düsseldorfer für die Redaktion im Einsatz ist, entwickelt er an die 20 Fragen pro Tag.

Wir treffen Matzerath an einem schwülheißen Sommertag. Während sich die meisten Menschen wie in Zeitlupe bewegen, kommt der drahtige Zweimeter-Mann auf seinem Mountainbike in den Unterbilker Hinterhof seines Büros gerast.

Dort verbringt Matzerath die zweite Hälfte seines Arbeitslebens: heute vor allem als Autor für Jugendbücher und satirische Ratgeber wie "Hilfe, ich habe den Führerschein" (mit Mark Land), früher als Drehbuchschreiber für Zeichentrickserien wie Urmel oder Bibi Blocksberg; bis ihm kleinliche Redakteure den letzten Nerv geraubt hätten. "Quiz ist mein Brot, die Bücher sind der Kuchen", sagt der 44-Jährige mit dem Jungengesicht.

Matzerath löst die Fahrradschuhe aus den Pedalen. Polohemd und Shorts sind schweißnass, doch von Erschöpfung keine Spur. Wegen einer verlorenen Wette ist er vor drei Jahren den Düsseldorfer Marathon mitgelaufen. Seitdem trainiert er regelmäßig. "Ich habe das Gefühl, dass mir seitdem auch das Schreiben leichter fällt." Kürzlich brachte Matzerath sogar seinen ersten Triathlon hinter sich. Zwölf Stunden hat er dafür in der Woche trainiert. "Man muss die Zeit ja irgendwie rumkriegen", sagt Matzerath ironisch und lächelt.

Dabei dürfte sich der zweifache Familienvater alles andere als langweilen. Neben Bücherschreiben, Comics übersetzen und Quizfragen ausdenken kommt in Kürze noch ein Friedhofs-Praktikum, zu Recherzwecken für einen Jugendroman. "Den Plot habe ich schon im Kopf. Mir fehlt nur die Zeit, ihn aufzuschreiben."

Seit neuestem entwickelt Matzerath zudem Quiz-Spiele fürs iPhone. "Da muss ich keine Kompromisse machen." Eine Frage soll lauten: "Wem gehört Bullterrier Florence, der 2003 den Lieblingscorgi von Queen Elisabeth II. totgebissen hat?" Es war Königs-Tochter Anne.

Das Quiz bleibt die Konstante in Matzeraths Schaffen. "Damit fing alles an", sagt er. Noch während seines Germanistik-Studiums in Düsseldorf und Köln vor 14 Jahren begann er Quizfragen zu schreiben. Als er als Gast in Hans-Jürgen Bäumlers Sendung "Riskant" scheiterte, war für ihn klar: "Die Fragen waren nicht gut, unpointiert und langweilig. Das kann ich besser."

Trotz oder gerade wegen dieses fast unverschämten Selbstvertrauens war der Produzent vom Ergebnis überzeugt. "Diese Haltung habe ich mir von der Düsseldorfer Punkbewegung der 80er Jahre abgeguckt. Egal, ob du ein Instrument spielen kannst oder nicht: Mach einfach."

Angst, dass seine Ideenwerkstatt im Kopf mal den Betrieb einstellen könnte, habe er nicht. "Ich gehe mit offenen Augen durchs Leben und versuche nicht zu verlernen, mich zu wundern." Ob er keine Sehnsucht hat, den Kopf mal abzustellen? "Nein, die Birne bleibt immer an. Auch wenn ich mein Büro verlasse", sagt er ohne Bedauern.

Was vor allem permanent im Hinterkopf mitlaufe, sei eine Art Kalauer-Programm. Scherzfragen für 100 Euro würden bei "Wer wird Millionär" eben häufiger gebraucht als die Millionenfrage.

"Ich hoffe, dass ich mit 85 noch arbeiten kann. Es macht mir einfach Spaß", sagt Matzerath. Vielleicht kann der Titanic-Leser bis dahin auch eine seiner Lieblingsideen umsetzten: ein Panini-Album mit Diktatoren.