Düsseldorfer Altstadtleben Corona bedroht eine Top-Attraktion: Das Kneipenleben in der Altstadt
Düsseldorf · Gerade an diesem Wochenende würde in der Düsseldorfer Altstadt eigentlich das Partyleben toben. Tatsächlich ist tote Hose. Wie lange halten die Wirte das aus?
Normalerweise wäre in der Altstadt schon seit Mittwochabend die Hölle los. Ein langes Brücken-Wochenende und Sommerwetter: Da hätten sich Düsseldorfer und „Touris“ von den Junggesellenabschieden bis zu den Fußballvereinstouren nur so geknubbelt rund um die Bolker Straße. Stattdessen ist vor und in den Kneipen fast nichts los. Wie lange können die Gastronomen diese Flaute aushalten? Ja, ist das Geschäftsmodell Feiern an der längsten Theke der Welt prinzipiell bedroht? Zugespitzt: Droht Düsseldorf seine wohl bekannteste Attraktion zu verlieren?
Klar ist: Viel, wenn nicht alles wird davon abhängen, wann die Coronaschutzverordnung mit ihren Kontaktbeschränkungen und vor allem den Sicherheitsabständen aufgehoben wird. Oberbürgermeister Thomas Geisel ist da vorsichtig: „Das kann im Moment niemand seriös vorhersagen, es scheint mir aber, dass es in diesem Jahr wohl keine Rückkehr zur Normalität geben wird“. Insofern sorgt er sich schon „um die Altstadt, wie wir sie kennen“, zumal die zweite große Frage sei, ob die Leute sich tatsächlich wieder so eng auf die Pelle rücken mögen, wie das im Mittwochs- oder Wochenend-Altstadtleben angesagt war.
Diese grundsätzliche Angst hat Peter König nicht: „Das Partyvolk in der Altstadt wird sich nicht großartig verändern. Es wird noch einige Zeit dauern, aber dann ist alles wieder so wie früher“, glaubt der Füchschen-Inhaber. Allerdings geht er auch davon aus, dass einige Kneipen wegen Corona auf der Strecke bleiben werden. „Schwer werden es Betriebe haben, wo es eng ist und nur Bier verkauft wird.“ Und: Insolvenzen könnten längere Leerstände nach sich ziehen, fürchtet König, weil das Risiko für große Investitionen derzeit einfach zu hoch sei. Für das Füchschen, das mehrfach im Jahr selbst zur Feier-Hochburg wird, ist er halbwegs unbesorgt, man habe eine stabile Kalkulation mit niedrigeren Umsätzen für die nächsten zwölf Monate aufgestellt.
Verärgerung: „Politik zeigt keine Perspektiven auf“
Peter Klinkhammer ist da nervöser. „Wenn der Mindestabstand längere Zeit vorgeschrieben bleibt, kann ich schließen“, sagt der Inhaber des „Spiegel“, einer Institution auf der Bolker Straße nicht zuletzt deshalb, weil hier das Gebot gilt, sich gerade möglichst nahe zu kommen. Klinkhammer ärgert, „dass die Politik uns keine Perspektive aufzeigt, da kommt nichts“. Dennoch: Das Ende des Altstadtlebens sieht er noch nicht gekommen, wohl aber müssten einige ihr Konzept anpassen: „Vielleicht bieten Diskotheken bald auch Speisen an.“
Isa Fiedler, Inhaberin des „Knoten“ und langjährige Sprecherin der Altstadt-Wirte, hofft, dass endlich ein „Rettungspaket Gastronomie“ geschnürt wird: „Die Soforthilfe ist nicht an die Betriebskosten, sondern an der Zahl der Mitarbeiter gekoppelt, was nicht viel Sinn ergibt.“ Was die Wirte außerdem dringend benötigten, sei ein Zeitplan. „Wir wissen ja gar nicht, für welchen Zeitraum wir mit den Vermietern verhandeln müssen“, sagt sie.
Bleibt die Frage, ob es in absehbarer Zeit wieder so feucht-fröhlich hoch hergeht wie vor Corona. Ja, ob das überhaupt wünschenswert ist. Längst schon hat sich bei vielen Düsseldorfern ein gewisser Altstadt-Überdruss wegen des grassierenden Sauftourismus’ breit gemacht. Allerdings bei weitem nicht so wie in Köln, wo Einheimische die Altstadt wegen der Touristen möglichst komplett meiden. Die Düsseldorfer fühlen sich dagegen schon mit den Hausbrauereien und etlichen anderen Traditionskneipen verbunden. Darauf setzt auch Isa Fiedler: „Wenn die Menschen wieder dürfen, dann werden sie auch kommen. Die Sehnsucht nach Party und Abwechslung ist immer da.“
Ähnliches hofft Dino Cesljas, „denn eine digitale Altstadt funktioniert nicht“. Er betreibt eine ganze Reihe von Läden in der Altstadt (u.a. Ballermann, Schweine Janes, Hausbar, El Lazo): „Die Situation ist ernst, aber die Altstadt wird mit ihrer Vielfalt bestehen bleiben“, sagt er, fügt freilich hinzu: „Wenn die Gesellschaft das möchte.“ Thea Ungermann von der Brauerei Schumacher erinnert daran, dass die Altstadt schon viele Krisen überstanden hat. Warnt aber zugleich eindringlich vor der Gefahr einer zweiten Virus-Welle: „Wir sollten sehr vorsichtig sein, wenn wir nochmal schließen müssen, wäre das für viele der Genickbruch.“