Hilfe für die Ukraine in Düsseldorf Schulleiter unterbindet einen Stellvertreterkrieg
Rath · Das Albert-Einstein-Gymnasium hat vorwiegend Schüler mit russischen und mit ukrainischen Wurzeln. Die Schule versucht, Konflikte zu unterbinden.
Die 14-jährige Schülerin Dzhulietta, die ihre Wurzeln in der Ukraine und Russland hat, versucht ihre Fassungslosigkeit in Worte zu fassen. „Ich war doch noch in den Winterferien in Kharkiv (eine Millionenstadt in der Ukraine, A.d.R.), ich hatte dort viel Spaß mit meinen Freundinnen und wir haben viel Fotos gemacht. Und nun schaue ich diese Bilder an und weiß, alles ist zerstört. Das bricht mir das Herz.“
Dzhulietta ist Schülerin des jüdischen Albert-Einstein-Gymnasiums in Rath, und wie ihr ergeht es zurzeit vielen der 255 Schüler, denn die Schülerschaft besteht fast ausschließlich aus russischsprachigen Jungen und Mädchen. Davon haben rund 70 Prozent ukrainische und 30 Prozent russische Wurzeln. Das hat vor allen Dingen in den ersten Tagen des Krieges zu Spannungen geführt. „Die russischen Schüler standen unter Druck, hatten das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. Und es kam zu Anfeindungen“, sagt Schulleiter Michael Anger. Er wollte einen Stellvertreterkrieg innerhalb seiner sonst gut funktionierenden Schulgemeinschaft unterbinden.
Deshalb hat das Kollegium sehr schnell auf die neue Situation reagiert, das Thema Krieg und die damit verbundenen Ängste auf unterschiedliche Weise im Unterricht und in Gesprächen thematisiert. „Im Politikunterricht behandeln wir ohnehin tagesaktuelle Themen“, sagt Lehrerin Annika Ruhl. Im Erdkundeunterricht wird nun etwa über geopolitische Grenzen gesprochen und in Politik über Fake-News. „Die sind schon ein Problem, da sich einige russische Familien nur die russischen Propagandasendungen anschauen“, sagt Anger. Er stellt sich nun darauf ein, bald Flüchtlingskinder aus der Ukraine an der Schule aufzunehmen.
„Das schnelle Handeln der Schule hat gut funktioniert und einer stärkeren Parteienbildung entgegengewirkt“, sagt die Schulpflegschaftsvorsitzende Ulrike Vis. „Wir wollen doch alle nur Frieden“, sagt der 14-jährige Schüler Janis Doubovyi. Anfangs hätte es schon untereinander Konflikte und Auseinandersetzungen gegeben, „aber wir wissen nun, dass der Krieg nicht von der Bevölkerung, sondern von Putin ausgeht“, sagt Janis.
Gleichzeitig ist es der Schule aber auch wichtig, für Normalität und Alltag und damit für einen Schutzraum zu sorgen und Zeichen für den Frieden zu setzen. Auf dem Schulhof wurde beispielsweise ein gemeinsames Friedensgebet gesprochen und Schüler haben eine besondere Spendenaktion gestartet. Seit Sommer betreiben die Neuntklässler des Ökonomiekurses in der Schulpause ein Kiosk, in dem koschere Snacks, Getränke und Süßigkeiten angeboten werden. Nun haben sie beschlossen, den gesamten Gewinn einer Woche an die Ukraine-Nothilfe des DRK zu spenden. Und damit ordentlich Geld zusammen kommt, haben sie noch Waffeln in den Farben der Ukraine gebacken. „Ich bin schwer begeistert von meinen Schülern, die eigenständig diese Idee entwickelt haben“, sagt Lehrerin Ruhl. Insgesamt können nun 1833 Euro gespendet werden.