Meinung Das Sommerloch ist gut gefüllt, deshalb: Lieben Dank für die Pokémonster
Düsseldorf. In Großbritannien hat die „silly season“ — jene verrückte Zeit im Sommer mit geschlossenem Parlament und einer Dürre, was echte News angeht — Tradition. Dann ziehen Aliens Kreise im Kornfeld und taucht fast jedes Jahr Nessie wieder auf.
In Deutschland müssen wir Journalisten im Sommerloch schon mühseliger nach unterhaltsamen Monstergeschichten buddeln — selten sind Kaimane wie Sammy 1994 in Dormagen und „Alligatorschildkröten“ wie Lotti 2013 in Irsee. Aber diesen Sommer werden uns die Monster frei Haus und in Massen geliefert. „Hornliu“ und „Enton“ tummeln sich auf der Girardet-Brücke vor der WZ-Redaktion, bescheren Staun- und Kopfschüttel-Geschichten in Serie.
Da muss man als Journalist auch mal danke sagen. Danke, an die vielen blassen Teenager, die von ihrer Playstation weg ins Freie gekommen sind, um Monster zu jagen, an Banker in der Mittagspause und halt an jede Menge Menschen, die entweder kein echtes Hobby haben oder es jetzt schleifen lassen. Danke auch an die Firmen, die den Spielern die App für ein paar persönliche Daten und die Hoffnung überlassen, sie mögen so begeistert sein, dass sie Extras im Shop kaufen. Und ein weiterer Dank an die Stadt, die den Monstern so großzügig das Revier an der Kö überlässt.
Wer böse sein will, könnte anmerken, dass 2012 das Occupy-Camp — eine Zusammenrottung, die sich des Straßenraums für eine politische Aussage bemächtigte — auf Geheiß der Stadt geräumt wurde, während fanatisch Daddelnde, die sich des Straßenraums bemächtigen, um japanischen und US-Konzernen die Taschen vollzumachen, ihre Barrikaden gar aus dem Rathaus geliefert bekommen. Aber Occupy war, zugegeben, auch länger da (Also Achtung, Spieler!). Und wer will schon böse sein, wenn ihm die Pokémonster das Sommerloch füllen. Also einfach: danke.