Gerd Spiecker Der Jäger, der die Osterhasen beschützt
Töten gehört zu seinem Beruf — Gerd Spiecker kümmert sich aber vor allem um das Leben seiner Tiere im Hubbelrather Revier.
Düsseldorf. Der Beruf eines Jägers beinhaltet, Tieren das Leben zu nehmen. Gerd Spieker ist damit aufgewachsen, schon von Kindesbeinen an war er bei Streifzügen dabei. Für ihn gehört es dazu — doch nur als eine von vielen Aufgaben mit einem ganz anderen Ziel: das Leben von Wildtieren zu schützen, zum Beispiel das vom Osterhasen. Der Jäger und Vorsitzende der Kreisjägerschaft Düsseldorf-Mettmann kümmert sich um ein rund 500 Hektar großes Gebiet bei Hubbelrath, sein Revier.
Tagtäglich, oft nachts, ist er auf den Wiesen und Äckern unterwegs, um zu beobachten, was die Tiere tun, wie sich die Bäume, Hecken und Felder entwickeln, ob das Gleichgewicht in der Natur stimmt. Die Hasen machen ihm Sorgen. „Fressfeinde wie Krähen und Greifvögel, aber vor allem Füchse gibt es zu viele. Ich muss einiges tun, um die Hasen zu schützen“, erklärt er.
Daher achtet er zusammen mit den Bauern darauf, dass die Tiere sich gut verstecken können — beispielsweise in Feldern mit geeigneten Pflanzen. Die Gründpflege nimmt einen großen Teil seiner Arbeit ein. Statt Rehe zu schießen, hilft er ihnen derzeit dabei, genug Schutz und Nahrung zu finden. Hecken und Baumgruppen stutzen, damit dichtes Gestrüpp wächst, Bäume und Wildkräuter pflanzen oder dies in Auftrag geben — manchmal hat Spiecker mehr mit Pflanzen als mit Tieren zu tun.
Wenn die Bauern planen, ein Feld zu mähen, melden sie sich vorher bei ihm — damit die dort versteckten Rehkitze nicht unters Messer geraten. „Ich komme dann mit einer Art Pieper, damit die erwachsenen Tiere ihre Kleinen von dort wegführen“, erklärt Spieker. Es gibt aber auch noch eine andere Methode: Der Jäger trägt das Bambi aus der Gefahrenzone. „Wenn der Pieper nicht reicht, nehme ich sie mit der Hand und setze sie in einen Korb oder Karton, damit sie in Sicherheit bleiben, bis das Feld fertig bearbeitet ist.“
An anderen Tagen beobachtet er mit dem Fernglas in der Hand, wie sich die Population der Tiere entwickelt. Er sitzt auf einem der Hochstände und schaut, wie viele Rehe durchs Gelände laufen, wie viele Kitze dabei sind, wie viele Füchse sich ins Freie trauen. Nur so kann er einschätzen, wie gut seine Schutzmaßnahmen greifen — und wie viele Tiere später geschossen werden müssen, damit der Bestand insgesamt im Gleichgewicht bleibt. Zu viele Rehe beispielsweise bedeuten, dass sie sich neue Reviere suchen — und auf den vielen Straßen in der Gegend Verkehrsunfälle verursachen können. Das sei derzeit bei rund 30 Prozent aller Rehe der Fall.
Schwarzwild, also Wildschweine, die vielerorts große Probleme verursachen, gebe es nördlich der Autobahn A46 noch nicht. Bei Füchsen brauche er gar nicht lange überlegen. „Ihnen fehlen hier die Fressfeinde, sie finden zahlreich Nahrung, wandern aus der Stadt raus in mein Revier. Um die anderen Tiere zu schützen, muss ich handeln“, erklärt Spiecker.
Daher stimme auch die Vorstellung nicht, dass er aus Freude am Schießen auf die Jagd gehe — Vorurteile, denen er immer wieder begegne, doch meist helfen sachliche Argumente. „Wir Jäger haben die gesetzliche Pflicht, für einen gesunden Wildbestand zu sorgen“, sagt Spiecker. Am Fell der Füchse hat er aber durchaus Freude. „Ein gut verarbeitetes Produkt von frei lebenden Tieren — das ist ein Markt, der sich gerade entwickelt.“
Ein größeres Problem sind für ihn Spaziergänger mit Hunden, die ihre Tiere von der Leine lassen. „Vielen ist gar nicht klar, was sie anrichten. Wenn die Hunde keine Tiere reißen, schrecken sie sie auf, so dass sie unter Umständen auf eine der Straßen laufen.“ Eine ähnliche Wirkung haben Drohnen mit für Tiere unangenehmen Geräuschen. Wilderer hingegen bereiten ihm wenig Sorgen. „Hier gibt es zu wenig zu holen. Und wir kennen uns alle gut, Fremde fallen auf — das schreckt ab.“
Zu Ostern kommt bei ihm ein zartes Stück vom selbst erlegten und geschlachteten Tier auf den Tisch — Wild oder Lamm. Das weiß er zu schätzen. „Meine Familie kann aber nicht alles essen. Wir Jäger bieten daher Wildbret an — mittlerweile übers Internet.“