Der letzte Weg führt ins Feuer

Immer mehr Menschen wählen die Feuerbestattung für sich und Angehörige.

Düsseldorf. Das Rolltor im Souterrain geht auf. Ein Leichenwagen fährt rückwärts heran. Zwei Männer hieven einen Holz-Sarg auf einen Rollwagen. Er wird in einen Kühlraum gebracht — zu etwa 50 anderen Särgen. „Jeden Tag Leichen und keine Hoffnung, dass es besser wird“, sagt Ludwig Lech und lächelt. Der Mitarbeiter des Krematoriums auf dem Friedhof Stoffeln hat sich in 20 Dienstjahren im Angesicht des Todes seinen Humor bewahrt. An erster Stelle steht aber immer der Respekt vor den Toten.

Feuerbestattungen liegen im Trend. Auch, weil sie mit 289,90 Euro Krematoriumskosten günstiger sind als eine Erdbestattung. Fast 50 Prozent der Verstorbenen Düsseldorfer werden mittlerweile eingeäschert. Tendenz steigend. Es gibt viel zu tun im einzigen Krematorium der Stadt am Bittweg, das jetzt für vorbildliche Pietät, Transparenz und Umweltschutz mit einem Qualitätssiegel versehen wurde.

Für den 47-jährigen Lech beginnt der Arbeitstag hier im Kühlraum. „Die Leichenschau jeden Morgen ist das Unangenehmste“, sagt er. Ansonsten sei das ein Job wie jeder andere. Jeden Morgen sieht sich ein Rechtsmediziner die Verstorbenen an, vergleicht seinen Befund mit den Akten. Wenn Unstimmigkeiten auftreten, wird der Leichnam obduziert. „Das kommt nur ganz selten vor“, sagt Axel Zschuckelt, Leiter des Krematoriums, der nüchtern die Fakten erklärt: „Wir haben am Tag etwa 30 Einäscherungen, unser Maximum mit drei Öfen liegt bei 45.“ Sechs Mitarbeiter arbeiten hier in zwei Schichten.

Eine Etage über den Kühlräumen stehen sechs Särge in Warteposition vor den großen Türen der drei Erdgasöfen. Auf ihnen liegen kleine runde Steinchen mit einer fünfstelligen Nummer darauf. Sie werden mit verbrannt und kommen später in die Asche. So ist auch Jahrzehnte später eine Identifizierung möglich.

Hinter einer Glasscheibe dürfen Angehörige zusehen und Abschied nehmen. An der Leitstelle sitzt Lech und überwacht die Einäscherungen. Die Särge brennen in der ersten Kammer bei etwa 850 Grad 75 Minuten lang, die Asche fällt in eine zweite Brennkammer mit 700 Grad, dann in ein Auskühlfach — im Keller.

Dort riecht es zum ersten Mal auf dem Rundgang nach Asche. Während der Rauch nachverbrannt, gekühlt und zweifach filtriert wird, kommen die Überreste von Sarg und Leichnam nach vier Stunden im Ofen auf den Sortiertisch. Da liegen zwei Hüftgelenke aus Stahl. Große Metallgegenstände sortieren Lech und seine Kollegen aus. Sie haben sich daran gewöhnt: „Das ist absolut steril“, sagt Lech. Schließlich werden die Überreste noch einmal gemahlen und in die 3,7 Liter fassenden Urnen gefüllt, die amtlich verschlossen werden: Das Ende des letzten Weges durchs Feuer.