Düsseldorf Die Band Rogers: „Das ist kein Riesen-Hype wie bei den Broilers“

Sie machen Rockmusik, sie sind erfolgreich — und sie sind aus Düsseldorf: Die Band Rogers bringt ihr neues Album heraus.

Düsseldorf: Die Band Rogers: „Das ist kein Riesen-Hype wie bei den Broilers“
Foto: Kay Özdemir

Düsseldorf. Rogers sind eine jener Bands, die die seit den Toten Hosen so berühmte imaginäre Flagge mit der Aufschrift „Erfolgreiche Rockmusik aus Düsseldorf“ wehen lassen. Zuletzt tourten sie mit Jennifer Rostock durchgroße Hallen - und rechnen sich nicht umsonst Chartchancen aus, wenn nun ihr drittes Album „Augen auf!“ erscheint. Ehe es soweit ist, erklärten Sänger Chri Hoffmeier und Bassist Artur Freund schonmal das „Rogers-Muster“.

Herr Hoffmeier, Herr Freund, schön haben Sie es hier. Der Rhein liegt gleich nebenan. Der Proberaum sieht geräumiger aus als der enge Kasten in Flingern, in dem die Band ihre ersten Schritte tat. Sprich: Da macht das Musizieren gleich doppelt so viel Spaß, oder?

Chri Hoffmeier: So ist es. Aber das Beste ist: Peter Bursch hat nebenan sein Studio. Ich meine: Er ist der Gitarrenlehrer der Nation! Und er sieht immer noch so aus - lange Haare, Bart, runde Brille - wie früher auf den Fotos seiner Gitarrenbücher. Unser Gitarrist Nico sprach ihn kürzlich einmal an und sagte ihm: „Sie haben mir das Gitarrespielen beigebracht.“ Daraufhin antwortete er, wirklich überhaupt nicht überheblich, sondern eher amüsiert: „Ja, ja. Das sagen viele.“

Auf dem neuen Album singen Sie: „Ganz egal, wie lang der Weg noch geht: Wir bleiben auf Kurs!“ Das ist Gang-Romantik pur. Und ein in Bandkreisen gern genutztes Klischee.

Hoffmeier: Genau (lacht). Das ist die Böhse-Onkelz-Zeile bei uns… Aber im Ernst: So eine Zeile ist einfach typisch für uns. Das ist ein Song nach dem alten Rogers-Muster. Er hat einen Wiedererkennungswert. Deshalb haben wir ihn auch an den Anfang der Platte gesetzt.

Was ist denn dieses „Rogers-Muster“?

Artur Freund: Wir haben schon immer Songs aufgenommen, die beschreiben, was wir sind und wofür wir stehen. Es ging nie nach dem Muster: „Was wollen die Leute hören? Okay. Ein Stück über Liebe! Also los!“ Wir wollten uns nie anbiedern. Es geht uns um Autobiografisches. Darum, anderen Menschen Mut zu machen: „Wir als Band kennen diese Situation. Wir stehen hinter dir! Und überhaupt soll jeder sein Ding machen.“

Das dürfen Sie streng genommen selber nicht so richtig: Alle Bandmitglieder sind neben der Musik noch berufstätig.

Freund: Genau. Mit Arbeit, Band und dem Auf-die-Reihe-Kriegen des Lebens haben wir alle eine 90-Stunden-Woche. Wir leben unseren Traum von der Musik parallel zu vielen anderen Dingen. Keiner von uns kann sich einfach jeden Tag hinsetzen, die Füße hochlegen und mal eben neue Songs schreiben.

Und wie hält man das durch, ohne zusammenzuklappen?

Freund: Das geht wohl nur, solange man noch jung ist. Irgendwann wird es schwierig werden. Vielleicht auch bei uns. Aber unser Vorteil ist, dass das mit der Band schon immer so war. Seitdem wir zur Schule gingen. Wir kennen es nicht anders. Es lief immer irgendwas nebenher: Schule. Beruf. Alltag. Wir mussten immer Zeit für die Band freischaufeln.

Und der Lohn dieser Mühe…

Freund: …ist der, dass die Konzerte jetzt langsam aber sicher größer werden. Das registrieren wir natürlich.

Heben Sie jetzt ab?

Hoffmeier: Nein. Wir können das ganz gut einschätzen und wissen: Das ist jetzt kein Riesen-Hype wie bei den Broilers.

„Augen auf!“ hat auch eine politische Dimension. Im Stück „Unter Tränen“ etwa wird der Rechtsruck im Lande aus der Sicht einer alten Frau geschildert, die die Nazizeit erlebt hat und die sich nun aus lauter Scham das Leben nimmt.

Freund: Wir haben lange diskutiert, ob der Song mit diesem Text zu hart ist. Aber letztlich denken wir: Nein. Im Gegenteil: Es ist wichtig, auch die alten Menschen einzubeziehen. Sie haben den Krieg miterlebt. Sie wissen, was passieren kann. Und leider, leider stirbt diese Generation aus. Das ist zwar normal. Aber eben auch tragisch, weil diese Menschen ihr Wissen nicht mehr direkt weitergeben können an diejenigen, die es in Zukunft besser zu machen haben.

Braucht die Welt wieder mehr Leute, die für die gute Sache auf die Straße gehen - so wie damals in den 80er Jahren, als es gegen Pershing-Raketen und Atomkraftwerke ging?

Hoffmeier: Ich glaube, die Leute gehen schon vermehrt auf die Straße — aber anders. Sie gehen auf die Straße, ohne auf die Straße zu gehen. Die Revolution heutzutage erfolgt über Snapchat, Twitter und Co.

Ist das gut?

Hoffmeier: Wenn man es sinnvoll anstellt, dann schon. Aber damit haben viele leider noch Probleme.

Was denken Sie: Wie kann man die Menschen in Zeiten wie diesen einen — etwa übers Internet?

Freund: Der Schlüssel liegt im Alltag. Der wird unterschätzt. Und das Stichwort diesbezüglich lautet „Routine“: Es gibt gute Routine. Und es gibt schlechte Routine. Und von der schlechten Routine gibt es derzeit zu viel. Wenn jeder im Alltag nur 20 Prozent anders machen und erstmal nachdenken würde, was er wie tut, dann würde sich Vieles verbessern. Und genau das müssten die Menschen erkennen. Sie müssen ja nicht gleich zum Veganer werden, so wie ich. Aber sie sollten sich schon bewusst werden, dass sie einen Beitrag leisten können, damit sich alle besser fühlen.