Die Homogenität vierer Glanzlichter
Julia-Fischer-Quartett begeisterte mit Beethoven, Schubert und Janácek.
Vier brillante junge Solisten fanden zusammen, um Streichquartette zu spielen. Um die Stargeigerin Julia Fischer gruppierten sich Violinkollege und Menuhin-Zögling Alexander Sitkovetsky, der bekannte deutsche Bratscher Nils Mönkemeyer und der vielfach international ausgezeichnete Cellist Benjamin Nyffenegger aus Bern. Julia-Fischer-Quartett nennt sich das Ensemble, das nun in der Tonhalle Werke von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Leos Janácek aufführte.
Schon der erste leise Akkord von Beethovens Streichquartett Es-Dur op. 74 „Harfenquartett“ war eine kleine Offenbarung. Nicht immer erlebt man live Streichquartette mit so sauberer Intonation und derart nobler Klangqualität. Und es wird schnell klar, dass vier Musiker, die auch solistisch brillant sind, eine herausgehobene Ensembleleistung zustande bringen. Es gibt ja recht viele gute Quartette, aber selten erlebt man ein solches, in dem jeder Einzelne ein besonderer Instrumentalist ist.
Nun birgt die Spontanvergärung auch Gefahren. Auf Festivals ist manchmal zu erleben, wie Stars plötzlich zusammen Stücke spielen, ohne ein homogenes Ensemble zu bilden. Dann hört man brillante Einzelleistungen, aber es entsteht trotzdem kein klares Klangbild. Hier nun ist es anders, hier entsteht höchste Homogenität vierer Glanzlichter.
Im Kopfsatz des Beethoven-Quartetts leuchtete jede Stimme. Julia Fischer als Erste Geigerin übernahm die Führung, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu spielen. Die vielen Pizzikati, durch die das Quartett den Spitznamen Harfenquartett bekam, glitzerten farbenfroh wie Tau unterm Regenbogen. Das rasche Scherzo mit der Tempobezeichnung „Presto“ gelang furios, und einmal mehr wurde deutlich, dass Streicher, die regelmäßig als Solisten in den Violinkonzerten von Tschaikowsky oder Brahms beziehungsweise in Konzerten für Bratsche oder Cello und Orchester auftreten, technisch in der obersten Liga mitspielen. Solches Können kommt auch einem virtuosen Streichquartettsatz zugute.
Die Vier sind aber nicht nur sportliche Virtuosen, sondern auch sensible Klang-Poeten. Ganz besonders schön kam das nun in dem selten gespielten Streichquartett Nr. 1 des Tschechen Leos Janácek zum Ausdruck. Durch den Titel „Kreutzersonate“ gibt es hier einen Beethoven-Bezug, hat Beethoven doch eine Sonate für Violine und Klavier mit diesem Titel komponiert. Darauf bezogen existiert aber auch die gleichnamige Novelle von Lew Tolstoj, jenes literarische Psychogramm einer zerrütteten Ehe. Janácek kannte die Novelle gut, und sein Streichquartett besitzt auch mehr Nähe zu Tolstoj als zu Beethoven. Die Musik erzählt von dem heftigen Spannungsverhältnis zwischen Liebe und Zerstörung. Kaum baut die Violine einen schönen romantischen Bogen, kratzen die anderen Streicher auch schon scharfe, metallische Geräusche dazwischen. Harmonie ist in diesem Werk in ständiger Gefahr. Ungemein expressiv und hingebungsvoll musizieren hier Julia Fischer und ihr Quartett.
Nach der Pause dann ganz großer Schubert: das Rosamunde-Quartett, thematisch verwandt mit der Schauspielmusik zu „Rosamunde“. Lyrik und Dramatik sind hier keine Kontrahenten, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Beide Dimensionen kommen in dieser Darbietung eloquent heraus. Schöner kann ein Kammerkonzert kaum sein. Trotz des starken Beifalls gab es keine Zugabe. Aber es fehlte auch nichts mehr zum Glück.