Die Königsallee — ein guter Ort zum Feilschen?
Handeln wie auf dem Basar — geht das auch auf der edlen Kö? Die WZ hat’s ausprobiert.
Düsseldorf. Schön sind sie, die Stiefel: mattes schwarzes Leder, schlichte Schnallen, flache Absätze. Ein Seufzer beim Streichen über das butterweiche Material. Und noch einer beim Blick aufs Preisschild: 328 Euro. Vielleicht gibt sich das Modegeschäft Uli Knecht kulant? Die Verkäuferin ignoriert die Frage nach einem Rabatt lächelnd, sucht die passende Größe. Bei der zweiten Frage wird eingelenkt: Drei Prozent sind drin, die Stiefel rücken ein Stückchen näher. Teuer sind sie trotzdem. Langes Zögern auf beiden Seiten, schließlich werden es fünf Prozent.
„Viele Kunden versuchen zu feilschen, das gehört dazu. Manche haben Spaß daran“, erzählt man uns. Eigentlich gilt bei Knecht: Es gibt keine Prozente. „Wenn wir aber einen kleinen Rabatt gewähren, sind alle zufrieden: Der Kunde hat das Gefühl, er hat gewonnen — selbst wenn er nur 20 Euro weniger bezahlt hat. Und ich habe mein Geschäft gemacht. Bevor der Kunde woanders kauft, soll lieber unsere Kasse klingeln“, sagt der Verkäufer und lacht.
„Käufer und Verkäufer haben jeweils eine Schmerzgrenze, was ihre Preisvorstellungen angeht. Alles dazwischen ist für beide eine Möglichkeit, das Geschäft abzuschließen“, erklärt Michael Coenen, Geschäftsführer der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität. „Der Käufer muss dabei nur eine höhere Wertschätzung für die Sache haben, als die Schmerzgrenze des Verkäufers ist — so kommt dann der Preis zustande.“
Unsere nächste Anlaufstelle ist Tiffany & Co, ein Weihnachtsgeschenk für die Mutter soll’s sein. Verschiedene Armbänder werden uns vorgeführt, über Preise wird erst mal nicht gesprochen. Bei einem Modell für 240 Euro bleibt der Blick schließlich hängen. Hübsch. Klein, glänzend, und es käme in dieser netten Schachtel mit der türkisen Schleife daher. Ein Preisnachlass? Wir ernten ein freundliches Lächeln — und ein bestimmtes Nein. „Wir sind ein Traditionshaus“, sagt die Verkäuferin, „der erste Juwelier mit Versand und einem Katalog mit Festpreisen.“ Egal, wieviel Geld wir bei Tiffany’s lassen würden, Rabatte bekämen wir nicht, und auch wenn wir Stammkunden wären: Nein. „Dann muss der Kunde woanders hingehen“, sagt die Verkäuferin und schenkt uns zumindest noch ein Lächeln.
Vielleicht haben wir bei Louis Vuitton mehr Glück. Der Verkäufer zeigt uns eine Tasche, überzogen mit dem berühmten Logo. Dann noch eine kleinere und eine mit nur einem Henkel. Allesamt eingehüllt in cremefarbene Beutelchen. Er zieht sie aus schlichten Schubladen, nennt sie fast liebevoll beim Namen. Ihre Preise: 610 Euro für das kleine, 675 für das große Modell. Sehnsüchtiges Seufzen. Geht da noch was? Der Verkäufer tritt einen Schritt zurück, schüttelt den Kopf. „Bei Louis Vuitton gibt es keine Rabatte, keine Sales, keine Nachlässe“, sagt er und lächelt. Für niemanden? Was, wenn ein Scheich mit seinen sieben Frauen kommt? „Wir haben Festpreise.“
Auch bei Montblanc und Eickhoff beißen wir auf Granit: Weder den schwarzen Füller aus der modernen Kollektion (395 Euro) oder den mit Platin-Verzierungen (560 Euro), noch den grell-gelben Schal aus dem Eickhoffschen Schaufenster (198 Euro) bekommen wir günstiger: „Wir geben keine Rabatte.“
Wikipedia kennt zwei Typen beim Feilschen: den hartnäckigen Krieger und den nachgiebigen „Shopkeeper“, den Krämer. Die Königsallee scheint kein Ort für beide zu sein.
Ein letzter Versuch. Das Schaufenster von Juwelier Blome bietet große Zahlen: Eine fünfstellige Summe wandert dort über den Tresen, bevor jemand eine neue Uhr sein Eigen nennt. Eine ist für 1220 Euro zu haben, fast läppisch. Die muss man doch für weniger kriegen? Tatsächlich: Der Verkäufer überlegt und zieht ein Zehntel vom Preis ab. Eine krumme Zahl. Er lächelt, zückt den Taschenrechner, unser Preis wird eine fast runde Summe: 1030 Euro. „Das ist das Letzte, was ich machen kann. Das tut schon weh“, sagt er. Wir kaufen sie nicht. Aber ein Lächeln nehmen wir noch mit — das bekommen wir überall für ganz umsonst.