Düsseldorf Die Kunst-Konzepte der neuen Wehrhahn-Linie

Langweilen Sie sich auch manchmal, während Sie auf Ihre U-Bahn warten müssen? Oder fühlen Sie sich hin und wieder einsam auf dem Weg zum Bahnsteig? In Düsseldorf sollen solche Gedanken beim U-Bahn-Fahren bald nicht mehr aufkommen. Der Kunst sein Dank.

Stationen der neuen Wehrhahnlinie

Foto: Bureau-N

Düsseldorf (dpa) - Zugige Gleise, flimmernde Werbewände und dunkle Gänge in den U-Bahnhöfen? Alles kein Thema auf der neuen und millionenschweren Düsseldorfer „Wehrhahnlinie“, die am Montag zum ersten Mal offiziell Fahrt aufnehmen will. Sie präsentiert sich auf 3,4 Kilometern Länge, mit zwei ober- und sechs unterirdischen Haltestellen mal in knallbunten Farben, mal mit Videokunst oder einem Ausblick in die Weite des Alls.

Denn sechs Künstler hatten beim Bau über Jahre hinweg weitgehend freie Hand für ihre Konzepte. Und so prägt jeden Bahnhof eine Handschrift, Schriftspuren und Klänge sind ebenso verarbeitet wie Malerei und Computerkunst.

- Im Bahnhof „Schadowstraße“ flimmert Videokunst über eine große Leinwand. Die Medienkünstlerin Ursula Damm hat dort eine große LED-Wand installiert, eine „interaktive Installation“, die in Echtzeit Bewegungen von der Oberfläche - durch Kameras und Sensoren aufgefangen - in neuer, umgewandelter Form in den Bahnhof beamen soll. An den Wänden präsentieren Geometrien das Luftbild Düsseldorfs.

- Am „Kirchplatz“ begleitet die Leipziger Künstlerin Enne Haehnle die Fahrgäste mit einem eigenen Textfragment bis zum Gleis. Die Worte sind leuchtend farbig und scheinen auf die weißen Fliesen montiert durch die Station zu schweben. Die Schriftzüge wurden geschmiedet, teilweise erinnern sie an plastische Wortknäuel. „Es sind Texte von mir, die man sich erst erarbeiten muss“, sagt Haehnle.

- Für die U-Bahn-Station „Graf-Adolf-Platz“ könnte sich Manuel Franke am Blick aus einem Flugzeugfenster über den Amazonas bedient haben: Einer langsam fließenden, pulsierenden Masse gleich ziehen sich bei seiner Idee „Achat“ grauviolette Farbströme über 1000 Quadratmeter Glasmodule. Kräftiges Grün dominiert neben diesen Flüssen, Frankes Konzept macht den U-Bahnhof zum begehbaren Bild.

- Bei Thomas Stricker („Benrather Straße“) wird es galaktisch: „Himmel oben, Himmel unten“ nennt er sein Konzept. „Der U-Bahnhof soll zu einem Raumschiff werden“, sagt er - und überträgt eine 3D-Weltraum-Animation auf Monitorwände, die wie Panoramafenster funktionieren. 90 Minuten dauert der Flug durch die Galaxis, vorbei an Saturn und Venus, Mond und unzähligen Sterne. Die Wände sind mit Edelstahl verkleidet, die Stützen schräg angebracht. Strickers Idee: „Mit dem Untergrund wird Enge in Verbindung gebracht. Hier öffnet sich ein Fenster zur Unendlichkeit.“

- In der „Heinrich-Heine-Allee“ kommt es dagegen auf den Ton an: Akustisch können die Zugänge der Station bespielt werden. Zum Auftakt sind verfremdete Vogelstimmen auf der Rolltreppe zu hören. Gemeinsam mit einem Klangkünstler, einem Theaterregisseur und einem Musiker inszenierte Künstler Ralf Brög neben dem „Auditorium“ auch ein „Labor“ und ein „Theater“ mit ungewöhnlichen Einspielungen. Brög will die Station zum Erlebnisraum werden lassen: „Ich könnte mir auch vorstellen, dass es hier einmal Konzerte geben wird.“

- Station „Pempelforter Straße“: Hier hat Heike Klussmann ein augenscheinliches Gewirr aus Wegen und Linien auf Wände und Boden aufbringen lassen. Die Farbgebung von „Surround“ ist schwarz-weiß - und bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das Liniengestrüpp als computergenau ausgetüftelter Wegeplan über Decken und den Boden, von den Zugängen zu den Gleisen.

- Die vollkommen unterschiedlich gestalteten unterirdischen Stationen verbindet ein „Kontinuum“ genanntes Konzept: Netzartig gefliest wie eine Schlangenhaut ziehen sich die Wände an den Bahnsteigen der „Wehrhahnlinie“ entlang in die Tunnel und nehmen die an Rauten erinnernde Struktur an der nächsten Station wieder auf. Unterbrochen wird es von den Haltestellen, an denen sich der Tunnel ausweitet. „Dort verbindet sich der Untergrund über die künstlerische gestalteten Einschnitte mit der Stadt“, erklärt Oliver Witan von den Darmstädter „Netzwerkarchitekten“ das Sieger-Konzept seines Teams.