Die stressigste Zeit des Jahres
Von wegen Besinnlichkeit — Rheinbahn, Politik, Wirtschaft, Handel und Gastronomie haben sich auf Großkampftage vorbereitet.
Düsseldorf. Jedes Jahr, irgendwann im November, wird er wieder hervorgekramt: der Allgemeinplatz der besinnlichen Weihnachtszeit. Beine hoch, ein gutes Buch in die eine, eine heiße Tasse Zimttee in die andere Hand. Doch für die meisten Menschen sieht die Realität anders aus — auch hier in Düsseldorf. Egal, ob in der Politik, der Wirtschaft, dem Einzelhandel, im Verkehr oder der Gastronomie — die letzten Wochen vor Weihnachten sind die stressigsten des Jahres.
Woran das liegt? Sicher, der Konsum hat uns alle im Griff. Weihnachtsgeschenke müssen besorgt werden. Doch auch beruflich ist das Jahresende für viele eine Riesenbelastung.
„Das Fieberthermometer steigt“, sagt Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher. Wenn das Wetter schlechter und die Abende dunkler werden, dann fällt vielen Radfahrern und Fußgängern ein: Es gibt ja noch die öffentlichen Verkehrsmittel. „In den Bahnen wird es deutlich enger. Dann steigt auch die Zahl der verkauften Einzeltickets“, erklärt Schumacher. Für die Rheinbahner bedeutet das: mehr Stress, mehr Überstunden und ein verdichteter Fahrplan — gerade im Innenstadtbereich.
Denn gerade dort sind im Dezember viele Menschen — auch Touristen aus dem Ausland — auf den Weihnachtsmärkten und zum Geschenkekaufen unterwegs. Thomas Seybold, Geschäftsführer des Kaufhofs an der Kö, bleibt jedoch gelassen: „Die Weihnachtszeit ist für uns die bedeutendste Zeit des Jahres. Stress hat allerdings nur derjenige, der nicht vorbereitet ist.“
Dennoch: Das gesamte Haus wird umgestaltet, dazu kommt ein riesiges „Mehr“ an Kunden. „An einem Adventssamstag sind es im Vergleich zu einem Samstag im Juli oder August mehr als doppelt so viele Besucher.“ Der Kaufhof reagiert darauf mit mehr Personal und verlängerten Öffnungszeiten (Donnerstag bis Samstag bis 21 Uhr). Aber: „Man kann nicht unbegrenzt aufstocken. An einen Kassenblock passen eben höchstens sechs Kassierer.“
In der Kommunalpolitik — von Haus aus ein eher nüchternes Metier — sind die letzten zwei Monate des Jahres traditionell Großkampfzeit. Denn jedes Jahr im Dezember steht die Verabschiedung des Haushalts an — in diesem Jahr verhältnismäßig früh schon am 12. Dezember. „Davor läuft alles auf Hochtouren. Etliche Sondersitzungen in der Fraktion, in Arbeitskreisen und in Ausschüssen stehen an“, sagt der Düsseldorfer SPD-Geschäftsführer Jochen Wirtz. Sobald der Haushalt dann nach einer Marathonsitzung verabschiedet ist, wird es ruhiger für die Kommunalpolitiker.
Auch Georg Oppermann, Pressesprecher des Energie-Konzerns Eon, steckt mitten in der heißen Zeit des Jahres. „Es ist emsig, sehr oft ballen sich die Termine am Jahresende.“ Grundsätzlich gelte: Im Winter wird auf Hochtouren bei Eon gearbeitet. Kein Wunder:. „Die dunkle Zeit des Jahres ist Energie-Zeit — dann brauchen die Menschen Strom und Gas.“
Für Gastronomen bedeutet Weihnachtszeit volles Haus. Tobias Komm, Geschäftsführer von „Nudeln & Co.“ an der Kronenstraße 62, setzt im Dezember deshalb rund 25 Prozent mehr Personal ein. Mit Eröffnung der Weihnachtsmärkte wird es bei ihm schlagartig voller. „Plötzlich kommt eine 30-köpfige Touristengruppe rein. So etwas ist schwer zu planen.“ Die Wochenenden sind sowieso schon seit Anfang November ausgebucht: Weihnachtsfeiern.
So haben berufliche Pflichten, private Termine und persönliche Interessen die meisten Menschen zur angeblich so besinnlichen Zeit des Jahres voll im Griff — gut, dass das neue Jahr meist etwas ruhiger beginnt.